UNTERHALT FÜR RABENELTERN:
BGH-Urteil im Medienspiegel
– der nächste Warnschuß für den alternden Sozialstaat
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HBF-AKTUELL, Tübingen, 17. Februar 2014, erstellt 15:25 Uhr, Stand 19:28 Uhr
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Kinder können zur Übernahme der Pflegekosten für ihre alten Eltern verpflichtet werden, selbst wenn ihr persönliches Verhältnis zueinander zerüttet ist. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs (HPL) hat letzte Woche für Aufsehen und bei einigen Kommentatoren/innen für einen empörten Aufschrei gesorgt (HPL). Im Mittelpunkt der Meinungsstreits steht dabei die Frage, ob hier die richterlich verlangte Familiensolidarität nicht überstrapaziert werde – vor allem angesichts der künftig weiter wachsenden demographischen Belastungen (HPL). Im Kern geht es jedoch weniger um die Grenzen der Familiensolidarität, sondern um die Grenzen des Sozialstaates in einem schrumpf-alternden Land (HPL). Unter diesem Blickwinkel ist das Medienecho auf das BGH-Urteil der nächste Warnschuß (vgl. HBF 2014 und HPL) für die Altenrepublik und ihre politischen Gestalter/innen (HPL).
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HBF-Volltext-Version
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Kinder können zur Übernahme der Pflegekosten für ihre alten Eltern verpflichtet werden, selbst wenn ihr persönliches Verhältnis zueinander zerüttet ist – so die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der letzten Woche:
Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle 12.02.14
Siehe auch: Beschluss des XII. Zivilsenats vom 12.2.2014 – XII ZB 607/12 – Nr. 27/2014
Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigten gegenüber seinem volljährigen Sohn
Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht ausreicht. (…)Der – zur Höhe unstreitige – Anspruch auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB* verwirkt.
(…) Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert.Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist,seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.
Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 607/12
AG Delmenhorst – Beschluss vom 27. März 2012 – 22 F 125/11 UK
OLG Oldenburg Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 14 UF 80/12
FamRZ 2013, 1051
Karlsruhe, den 12. Februar 2014
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* § 1611 Abs. 1 BGB
Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
Angesichts der Umstände des Falls hat diese BGH-Entscheidung letzte Woche für Aufsehen und bei einigen Kommentatoren/innen für einen empörten Aufschrei gesorgt:
Taz Online 12.02.2014 /taz (print) 13.02.14
Kommentar BGH-Urteil Pflegekosten
FREIBRIEF FÜR ELTERNVERSAGEN
Das Urteil zum Elternunterhalt ist skandalös, weil es rein biologistisch argumentiert. Die heute gelebte familiäre Vielfalt lässt es unberücksichtigt.
Kommentar von Simone Schmollack, Inlandsredakteurin
Das BGH glaubt an Blutsbande. Und vermutlich auch an den Storch. Bild: Imago/Blickwinkel
Emma Thompsons Mutter muss sich nicht fürchten. Jeden Abend wird die 81-Jährige im Wohnzimmer ihrer Tochter willkommen geheißen und kann damit rechnen, von der britischen Schauspielerin umsorgt zu werden, falls sie betreut werden müsste – vor allem finanziell.
Genau so wünscht sich das offensichtlich auch der Bundesgerichtshof laut seinem jüngsten Urteil: Kinder müssen in jedem Fall für die Pflege ihrer Eltern aufkommen. Selbst dann, wenn Mutter und Vater den Kontakt zum Kind abgebrochen haben.
Eine fatale, rein biologistische Argumentation: Demnach ist Familie gleich Blutsbande und hat füreinander da zu sein – Zusammenhalt hin oder her.
Was folgt daraus? Eltern dürfen machen, was sie wollen, selbst auf ganzer Linie versagen. Später, wenn die Kinder erwachsen sind, dürfen sich Mutter und Vater den Sorgen und Nöten ihrer Kinder entziehen. Kein Problem, denn wenn es hart auf hart kommt, im eigenen Pflegefall zum Beispiel, haben sie ja das Recht, ihre sonst vergessenen Kinder herbeizuzitieren – und für sich zahlen zu lassen. (…)
Frankfurter Rundschau, Donnerstag den 13.02.2014 Meinung 10 – 11
KOMMENTARE
VERSTÖRENDE KINDERPFLICHT
Von Mira Gajevic
Man muss nicht Ethik studiert haben, um zu wissen, dass es einem fundamentalen Gerechtigkeitsgefühl widerspricht, wenn ein Sohn Tausende Euro Heimkosten für den Vater zahlen muss, der ihn Jahrzehnte zuvor verstoßen hat. Einen Vater, der seinem Kind den Kontakt verweigerte und es enterbte. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Sohn trotzdem zahlen muss. Desinteresse an volljährigen Kindern sei keine schwere Verfehlung, so die Richter. (…)
SÜDWEST PRESSE 13.02.2014
Kommentar Unterhalt
SOLIDARITÄT AUF BEFEHL
Seid nett zueinander – Nein, das muss nicht sein, das Geld fließt in jedem Fall. So lässt sich das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Elternunterhalt interpretieren.
Christoph Faisst
(..) Das Urteil erstaunt, hatte sich das Gericht in den vergangenen Jahren in anderen Bereichen des Unterhaltsrechts zunehmend den gesellschaftlichen Realitäten angepasst. Dass der BGH die finanzielle Einbahnstraße zugunsten der älteren Generation erneut befestigt hat, mag die klammen Sozialkassen freuen, doch es ist ein weiterer Baustein der AUSPLÜNDERUNG EINER GENERATION MITTLEREN ALTERS, die privat vorsorgen, künftige Zwangszahler erziehen und zugleich die Pflege der Alten stemmen soll.
Solche Zumutungen sind Wasser auf die Mühlen jener Parteien, die ihre alternden Wähler belohnen wollen. Doch für alle, die einen guten Teil dessen abgeben müssen, das sie als halbwegs ordentlich Verdienende erwirtschaften, sind sie ein guter Grund, auf Distanz zu Konstrukten wie dem des Generationenvertrages zu gehen. Das Signal ist klar: Gebt das Geld aus, bevor andere es brauchen können. Denn Solidarität auf Befehl hat ihren Namen nicht verdient.
Im Mittelpunkt der Meinungsstreits steht dabei die Frage, ob hier die richterlich verlangte Familiensolidarität nicht überstrapaziert werde:
Mittelbayerische Zeitung 12.02.2014, 19:18 Uhr
Menschen bei der Pflege nicht allein lassen
Von Maria Gruber
Auch für Rabenenltern müssen Kinder Unterhalt zahlen – das gestrige Urteil des Bundesgerichtshofs ist nicht nur für den Sohn bitter. Sondern es wirft auch die Frage auf, ob das Unterhaltsrecht angesichts sich verändernder Familienstrukturen noch zeitgemäß ist bzw. wann der Punkt gekommen ist, an dem die sogenannte „FAMILIENSOLIDARITÄT“ eindeutig überstrapaziert ist. (…)
sueddeutsche.de, LEBEN 12. Februar 2014 14:23 / SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 13.02.2014
BGH-Entscheidung zu Heimkosten
ELEND DES UNTERHALTSRECHTS
Es überfordert die MITTLERE GENERATION, wenn sie nicht nur die Erziehungs- und Ausbildungskosten für die Kinder, sondern auch noch die Pflegekosten für die Eltern tragen soll. Ein finanzieller Rückgriff des Staates stärkt nicht die Familie, er schwächt sie. Plädoyer für die grundlegende Reform des Verwandtenunterhalts.
Ein Kommentar von Heribert Prantl
(…) Das Familienrecht von 2014 ist ein ganz anderes Recht als das von 1954. Nur an einer Vorschrift ist der gesellschaftliche Wandel fast spurlos vorbeigegangen – an der Vorschrift des Paragrafen 1601 BGB. Dort steht seit ewigen Zeiten, dass “Verwandte in gerader Linie” verpflichtet sind, “einander Unterhalt zu leisten”: die Eltern den Kindern, die Kinder den Eltern, die Großeltern den Enkeln, die Enkel den Großeltern. (…)
Hat sich ein Vater einer schweren Verfehlung schuldig gemacht? Das kann man im Einzelfall so oder so beantworten. Das ist aber nicht der Kern des Problems. Der Kern des Problems liegt so: Ist die mittlere Generation heute von der Fülle der Unterhaltspflichten nicht komplett überfordert? Sandwich-Generation wird sie genannt.
Da sind erstens die Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern, da sind zweitens die Unterhaltspflichten gegenüber den Eltern und da sind drittens die Unterhaltspflichten gegenüber jetzigen oder früheren Lebenspartnern. (…) Die Mittelgeneration trägt in der Zeit, in der sie ihre Kinder großzieht, zugleich die Hauptlast der Rentenfinanzierung. (…)
Angesichts der künftig weiter wachsenden demographischen Belastungen ein nahe liegendes Bestreben:
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 13.02.2014/sks
Unterhaltszahlungen
GENERATION ZAHLMEISTER
Von Ulrike Heidenreich
(…) Nicht nur der Mainzer Soziologe Stefan Hradil warnt angesichts der Veränderung der Altersstruktur längst vor einer “Gefährdung der sozialen Sicherung”. (…)
Es passt immer weniger zusammen: Auf der einen Seite geht die Gesamtbevölkerung in Deutschland zurück, auf der anderen Seite nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen zu. Wurden 2005 noch 2,1 Millionen gezählt, waren es fünf Jahre später schon 2,4 Millionen. Das Bundesamt für Statistik rechnet für 2020 bereits mit 2,9 Millionen Pflegebedürftigen, für 2030 sogar mit 3,4 Millionen.
Statistisches Bundesamt Pressemitteilung Nr. 043 vom 11.02.2014
ZAHL DER EMPFÄNGER VON HILFE ZUR PFLEGE STEIGT 2012 AUF 439 000
WIESBADEN – Im Jahr 2012 erhielten in Deutschland rund 439 000 Menschen Hilfe zur Pflege. Gegenüber 2011 stieg die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger um 3,8 %. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, gaben die Träger der Sozialhilfe 2012 netto rund 3,2 Milliarden Euro für diese Leistungen aus, 4,5 % mehr als im Vorjahr. (…)
Die Hilfe zur Pflege (… )1 wird geleistet, wenn der Pflegebedürftige die Pflegeleistungen weder selbst tragen kann noch eine andere Seite — wie beispielsweise die Pflegeversicherung — die Kosten vollständig übernimmt. Zwei Drittel (66 %) der Hilfeempfänger waren Frauen. Diese waren mit 79 Jahren im Durchschnitt deutlich älter als die männlichen Leistungsbezieher mit 68 Jahren.
71 % der Leistungsbezieher nahmen 2012 die Hilfe zur Pflege ausschließlich in Einrichtungen in Anspruch, davon waren fast alle (97 %) auf vollstationäre Pflege angewiesen. Rund 28 % der Empfänger/-innen wurde die Hilfe ausschließlich außerhalb von Einrichtungen gewährt. Die übrigen Berechtigten (1 %) bezogen Leistungen der Hilfe zur Pflege sowohl in als auch außerhalb von Einrichtungen.
Paritätischer Wohlfahrtsverband 11.02.14
Paritätischer erklärt Pflegeversicherung für gescheitert:
FAST JEDER ZWEITE HEIMBEWOHNER AUF SOZIALHILFE ANGEWIESEN
Angesichts dieser Zahlen wird klar: Bei der Debatte um das BGH-Urteil geht im Kern weniger um die Grenzen der Familiensolidarität, sondern um die GRENZEN DES SOZIALSTAATES in einem schrumpf-alternden Land. Die Sandwich-Generation, zu der viele der Kommentatoren sicher selbst gehören, fühlt sich schon heute an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit – und fürchtet weitere Bürden:
sueddeutsche.de, LEBEN 12. Februar 2014 14:23 / SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 13.02.2014
BGH-Entscheidung zu Heimkosten
ELEND DES UNTERHALTSRECHTS
Es überfordert die mittlere Generation, wenn sie nicht nur die Erziehungs- und Ausbildungskosten für die Kinder, sondern auch noch die Pflegekosten für die Eltern tragen soll. Ein finanzieller Rückgriff des Staates stärkt nicht die Familie, er schwächt sie. Plädoyer für die grundlegende REFORM DES VERWANDTENUNTERHALTS.
Ein Kommentar von Heribert Prantl
(…) Weil die Menschen immer älter werden, wächst aber nun auch das Risiko, dass die mittlere Generation vom Staat für die Pflegekosten der alten Menschen in Anspruch genommen wird – der Fall, den der Bundesgerichtshof soeben entschieden hat, ist ein Exempel. Der Staat nimmt Regress für die Pflegekosten im Heim. Den sozialen Realitäten entspricht das nicht unbedingt – es entspricht einer Wunschvorstellung, wie Familie sein soll, aber so oft nicht mehr ist. (…)
Der Sozialstaat hat die Entwicklung von der Groß- zur Kleinfamilie begleitet; und das, was die Kleinfamilie objektiv nicht mehr bewältigen konnte, wurde ausgelagert: (…)
Aus sozialethischen Beziehungen wurden Rechtsbeziehungen, an die Stelle familiärer Handreichung trat der zuteilende Verwaltungsakt. In dem Maß, in dem zur Finanzierung all dessen das Geld fehlt, WERDEN NEUE GESETZE VERSUCHEN, SOZIALE RISIKEN ZU REFAMILIARISIEREN – aber die Familie, die das leisten könnte ist (zum Teil auch mangels Förderung) nicht mehr vorhanden. Auch der immer häufiger finanzielle Rückgriff des Staates auf die Kinder, die für die Heimkosten der Eltern aufkommen sollen, gehört zu den Versuchen, sich an einen Kostenschuldner zu halten. (…)
Bei diesem Zugriff auf die Kinder geht es gewiss nicht um die Stärkung der Familie. Es geht um die Entlastung des Staates.
Stuttgarter Zeitung 12.02.2014 16:24 Uhr
Bundesgerichtshof
Kinder haften für ihre Eltern
Christian Gottschalk
(…) Das überfordert den Durchschnittsverdiener bei weitem, und nicht nur den. Und das wird dazu führen, dass das Thema der GENERATIONENGERECHTIGKEIT in den kommenden Jahren noch sehr viel stärker als bisher die Diskussionen bestimmen wird. Die jüngst beschlossene Rentenreform der großen Koalition in Berlin und der aktuelle Beschluss zur Unterhaltspflicht in Karlsruhe waren da erst der Anfang. (…)
Es ist die klamme öffentliche Hand, die in Zukunft noch mehr Entscheidungen dieser Art erzwingen wird. Der Staat ist zwar bereit, den Ruhestand der Bundestagsabgeordneten abzusichern, auch wenn die zuvor in keine Kasse einbezahlt haben. Er wird aber immer häufiger versuchen, sich von Pflegekosten zu befreien. Und denkbar ist noch ganz anderes. Im Augenblick nimmt der Staat bei vielen Hartz IV-Leistungen keinen Rückgriff auf Verwandte in direkter Linie. Das muss nicht so bleiben.
Statt weiterer Beanspruchung der Familiensolidarität wünschen sich praktisch alle Kommentatoren (Anmerkung 1) eine ENTLASTUNG DER FAMILIEN DURCH DEN STEUERFINANZIERTEN SOZIALSTAAT. Was sie dabei aber komplett übersehen: Die (weiter steigenden)altersbedingten Abgabenbelastungen (durch Sozialbeiträge und Steuern z.B. für den 80 Mrd. Euro Bundeszuschuß an die Rentenversicherung) der Sandwich-Generation sind nur zum geringeren Teil Folge der Alterung ihrer Eltern; den deutlich größeren Belastungsanteil verursacht die (ebenfalls wachsende – vgl.HBF 08.11.13) GRUPPE DER KINDERLOSEN, die im Alter vollständig von der erwerbstätigen Kindergeneration mitversorgt werden muß! (vgl. dazuEx-Chef-Regierungsberater Bert Rürup). Deren nicht durch eigene Kinderziehungsleistung gedeckten Versorgungsansprüche an den Sozialstaat sind der zentrale Grund für die (bereits) heute gefühlte Überforderung der aktiven Erwerbsgeneration. Hier liegt der eigentliche Sprengsatz fürdie staatlich organisierte „Solidarität“. (vgl. dazu auch das Buch „Sozialstaatsdämmerung“ von Jürgen Borchert – in:HBF 19.08.13)
Unter diesem Blickwinkel ist das Medienecho auf das BGH-Urteil der nächste Warnschuß (vgl. z.B. die scharfe (Medien-)Kritik am geplanten Rentenpaket der Regierung – in: HBF 29.01.14 und Anmerkung 2) für die Altenrepublik und ihre politischen Gestalter/innen
1) Es gab auch eine Reihe von Kommentatoren, die das BGH-Urteil begrüßten, weil es an die notwendige Eigenverantwortung der Bürger im Rahmen der familiären Generationenbeziehung erinnere. Ohne diese Eigenverantwortung würden gewaltige Kosten auf die Steuerzahler abgewälzt. Allerdings fehlte auch in diesen Meinungsbeiträgen der Blick auf die Kinderlosen, die zwangsläufig ohne (ausreichende) Vorleistung die Solidarität der Beitrags- und Steuerzahler vollständig in Anspruch nehmen (müssen):
F.A.Z. 13.02.14
Bundesgerichtshof-Urteil
Füreinander einstehen
Familie ist ein ewiges Band. Dass das Einstehen füreinander zu Lebzeiten nicht endet, haben die Karlsruher Richter mit ihrem Urteil zum Unterhalt für betagte Eltern jetzt wieder einmal deutlich gemacht.
Von Reinhard Müller
STERN Online 12. Februar 2014, 13:30 Uhr
BGH-Urteil zu Unterhaltspflichten
Nicht fair, aber richtig
Zeitlebens wurde ein Sohn missachtet. Dennoch muss er die Pflegerechnung für seinen Rabenvater begleichen, urteilt der BGH. Das mag unfair klingen, ist aber nur konsequent.
Ein Kommentar von Gernot Kramper
(…) Zahlen müssen, ohne gewollt zu werden, ist immer bitter und subjektiv ungerecht. Die rechtlichen Verpflichtungen zwischen Eltern und Kindern werden aber rein durch die Verwandtschaft gestiftet und sind nicht an ein erfülltes Familienleben geknüpft. Hätte der BGH dieses Band des Blutes gelockert, und die emotional Zukurzgekommenen von ihren Lasten losgesprochen, hätte das Urteil eine Lawine losgetreten. Eine unbezahlbare, denn wenn die Verwandten aus der Pflicht genommen werden, muss in aller Regel der Steuerzahler einspringen.
Die Welt 14.02.14
Leitartikel
Zum Kindsein verurteilt
Das BGH-Urteil, nach dem ein Sohn für seinen Rabenvater aufkommen muss, sorgt für Aufsehen. Doch diskutiert werden muss nicht der Richterspruch, sondern unser Familienbild
Von Annette Prosinger
2) vgl. dazu heute auch:
Die Welt 17.02.14
Regierung allein mit Rentenplänen
Arbeitgeber, Gewerkschaften und Sozialverbände warnen unisono Arbeitsministerin Nahles davor, für die Mütterrente Rücklagen anzugreifen
Von Stefan von Borstel
Arbeitgeber, Gewerkschaften und Sozialverbände haben Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) davor gewarnt, die geplante Mütterrente mit einem Griff in die Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung zu finanzieren. Die Verbesserungen bei der Mütterrente müssten mit Steuermitteln und nicht aus Beitragsmitteln bezahlt werden, heißt es in den Stellungnahmen der Experten für die öffentliche Anhörung zum Rentenbeitragsgesetz der Regierung am heutigen Montag vor dem Sozialausschuss im Bundestag.