Demographiestrategie:
Weitere Rückschläge bei der “Fachkräftesicherung”
– Mehr Ausdauer oder mehr Realismus fällig?
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HBF-Aktuell, Tübingen 18. August 2014, erstellt 18:39 Uhr, Stand 19:20 Uhr
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Laut der Bundesregierung braucht das ergrauende Deutschland nicht mehr leistungsfähigen und teilungsbereiten Nachwuchs, sondern nur mehr Fachkräfte. Die einschlägige Strategie dazu hatte bereits das schwarz-gelbe Regierungsbündnis beschlossen (vgl. HBF 30.04.12) und wird von der heutigen Großkoalition nahtlos fortgesetzt. Allerdings sind derzeit einige Rückschläge bei der Zielerreichung zu vermelden, die den Glauben an den Erfolg des Gesamtkonzepts “herausfordern”.
So ist beim großen Hoffnungsträger “qualifizierte Einwanderung“ das dauerhaft nutzbare Potential offensichtlich geringer als politisch erhofft:
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Die Welt kompakt 18.08.14
Zuwanderer haben Heimweh
60 Prozent der Erwerbsmigranten wollen Deutschland wieder verlassen
Von Dorothea Siems
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel setzt Deutschland große Hoffnungen in die Zuwanderung. In den vergangenen Jahren wurden die gesetzlichen Regeln für die Migration qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern erheblich gelockert. Zwar kommen jetzt mehr Qualifizierte hierher. Doch das Gros der Neuzuwanderer aus den Drittstaaten hat nicht die Absicht, sich dauerhaft in Deutschland niederzulassen, wie eine gemeinsame Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und des Bundesamtes für Bevölkerung zeigt.
Eine Umfrage der Forscher unter den Zuwanderern, die in den letzten fünf Jahre gekommen sind, ergab, dass lediglich 40 Prozent von ihnen längerfristig oder sogar für immer in der Bundesrepublik bleiben wollen. Unter den Herkunftsländern dominieren die westlichen Länder wie die USA oder Japan mit fast 30 Prozent. Fast jeder Fünfte stammt aus Russland, 16 Prozent kommen aus China. (…)
Ob die Migranten allerdings dauerhaft bleiben, hängt laut Studie nicht nur vom beruflichen Erfolg ab, sondern auch von sozialen und kulturellen Faktoren.
Sesshafter sind zudem Einwanderer, die mit einem Partner in Deutschland einreisten. “Die Migration im Familienverbund nach Deutschland ist somit ebenfalls eine Investition, die zu einer Verstetigung des Aufenthalts in Deutschland beiträgt”, stellen die Forscher fest. (…)
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weitere Quellen bei HP-PLUS
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Frankfurter Rundschau, Samstag den 16.08.2014 Wirtschaft 16
Weise empfiehlt Patenschaften für Ausländer
Chef der Arbeitsagentur räumt Probleme bei der Anwerbung von EU-Arbeitskräften ein
Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat „Startschwierigkeiten“ bei der Anwerbung von Arbeitskräften aus den südlichen EU-Staaten eingeräumt. So habe es Firmen gegeben, „die noch nicht gut genug darauf vorbereitet waren, mit den Menschen umzugehen“, sagte Weise.
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SPIEGEL Online 18. August 2014, 08:36 Uhr
Lockerungen für Nicht-EU-Bürger
Ausländische Fachkräfte meiden Deutschland
Pflegekräfte, Klempner oder Mechatroniker: Weil diese Fachkräfte in Deutschland fehlen, hat die Regierung die Hürden für Zuwanderer aus Nicht-EU-Ländern gesenkt. Doch binnen eines Jahres nutzten nur 170 Menschen die neue Regelung.
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Auch bei der besseren Ausschöpfung des inländischen Fachkräftepotentials gibt es spziell bei der Gruppen der Frauen eine ernüchternde Entwicklung:
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wiwo 17. August 2014
DGB-Studie
Zu wenig Frauen in Technik- und IT-Berufen
In Deutschland fehlt es an Frauen im Technik- und Informatik-Berufen. Zwar wächst der Anteil, allerdings nur langsam wie aus einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds hervorgeht.
Trotz eines wachsenden Frauenanteils in mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen fehlt es nach einer DGB-Studie weiterhin an weiblichem Technik- und Informatik-Nachwuchs. So habe der Anteil junger Frauen an den 42 500 Studienanfängern im Fach Informatik im Jahr 2012 lediglich bei 22 Prozent gelegen. Im Fach Elektrotechnik habe ihr Anteil an den 26 500 Erstsemestern sogar nur 12,3 Prozent, in den Studienfächern Verkehrstechnik und Nautik sogar nur 11,3 Prozent ausgemacht.
„Wie bei der Berufswahl insgesamt kommt es auch innerhalb der mathematisch-naturwissenschaftlichen und den Technik-Berufen zu einer geschlechtsspezifischen Wahl“, bilanziert der Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik, Wilhelm Adamy, in der Studie. Wenn sich junge Frauen schon für eine mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung entschieden, dann wählten sie wesentlich häufiger ein Mathematik- (48,2 Prozent Frauenanteil), ein Biologie- (61,8 Prozent Frauenanteil) oder ein Pharmazie-Studium (67,9 Prozent Frauenanteil). (…)
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht bis 2020 eine Lücke von 1,4 Millionen Facharbeitern in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen. Das berichtet die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf ein Positionspapier des DIHK. Gesucht werden vor allem beruflich Qualifizierte.
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weitere Einzelheiten bei HP-PLUS
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Zum Thema siehe auch:
Rezept für die Altenrepublik unter Druck: „Frühkindliche Bildung“ wirkt kontraproduktiv (HBF 06.08.14)
SWR2 AULA 03.10.2013: Populäre Irrtümer zur Demografie. Warum Deutschland seinen Kinderschwund nicht stoppt. Von Kostas Petropulos
HBF-Themen-Archiv “Alterung…Reaktionen”
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