"Social Freezing" auf Firmenkosten:
KINDER AUF EIS legen, STATT WEGORGANISIEREN?
– Brutale US-Ehrlichkeit über die EFFIZIENZGESELLSCHAFT empört deutsche Öffentlichkeit
 
°
HBF-Aktuell, Tübingen 17. Oktober 2014, erstellt 14:35 Uhr, Stand 20:30 Uhr, *Korrektur 24.10.14, 15:19 Uhr
°
Die US-amerikanischen Internetkonzerne Apple* und Facebook bieten neuerdings Frauen die Möglichkeit an, in jungen Jahren ihre Eizellen einzufrieren ("Social" bzw. Egg Freezing), um ohne Sorgen vor dem Ticken der "biologischen Uhr" erst Karriere zu machen und danach Mütter werden zu können (HPL). Das ist in der deutschen Öffentlichkeit auf fast einhellig scharfe Kritik gestoßen (HPL). Tatsächlich seien Karriere und Kind(er) vereinbar, wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden, intonieren Politik und Verbände – vor allem wenn eine ausreichende und gute öffentliche Betreuungsinfrastruktur zur Verfügung stünde (HPL).
Allerdings bestätigt weder der Blick auf die Fakten (HPL) noch auf den Alltag der polit-medialen Vorzeigefrauen (und ihre Partner) diese Vorstellung (HPL und HBF 2013, 2014). Erfolg in der heutigen Arbeitswelt hat einen hohen persönlichen Preis – übrigens auch bei Männern (HPL). Das Angebot der Internetfirmen zieht daraus nur in gewohnt pragmatischer US-Manier die Konsequenz. Was diese Prioritätensetzung jedoch für weitreichende gesellschaftliche Rückwirkungen hat, dämmert der Bundesregierung (HPL) und dem Bundestag erst in Ansätzen (HPL). Einzelne Experten sind da weiter und hoffen auf Alternativen (HPL).
°
HBF-VOLLTEXT
°
Die US-amerikanischen Internetkonzerne Apple* und Facebook bieten neuerdings Frauen die Möglichkeit an, in jungen Jahren ihre Eizellen einzufrieren ("Social" bzw. Egg Freezing), um ohne Sorgen vor dem Ticken der "biologischen Uhr" erst Karriere zu machen und danach Mütter werden zu können:
°
Kinder und Karriere
Facebook und Apple zahlen Frauen das Einfrieren ihrer Eizellen
Wie bringt man mehr Frauen in die IT-Industrie? Wer bei Facebook oder Apple arbeitet, kann nun auf Firmenkosten die eigenen Eizellen einfrieren lassen. Die Hoffnung: Frauen können so später Mutter werden und haben Zeit für die Karriere.
Facebook und Apple zahlen ihren Mitarbeiterinnen auf Wunsch das Einfrieren ihrer Eizellen, um das Kinderkriegen hinausschieben und so ungehindert Karriere machen zu können. Das meldet der US-Fernsehsender NBC.
Die beiden IT-Unternehmen übernähmen bis zu 20.000 Dollar (15.800 Euro) der Kosten für die Entnahme der Eier und die jährlichen Kosten für die Aufbewahrung. Die Technik ist in den Vereinigten Staaten unter dem Stichwort "Social Freezing" bekannt, weil für die Maßnahme weniger medizinische als soziale Gründe eine Rolle spielen.
(….) Andererseits gelten die Altersjahre ab Ende 20 bis Mitte 30 als entscheidend für die weitere Karriereentwicklung. Viele Frauen stehen in dieser Zeit vor der Entscheidung: Kind oder Karriere? Dass Frauen selten in Führungsgremien der Wirtschaft anzutreffen sind und deutlich weniger Gehalt als Männer bekommen, wird stark auf diesen Konflikt zurückgeführt.
In den USA warten 20 Prozent der Frauen mit dem Kinderkriegen, bis sie 35 Jahre alt sind, heißt es im Internetforum eggsurance.com unter Berufung auf Daten der US-Regierung. Ein Drittel der Frauen im Alter von 35 bis 39 Jahren habe aber Probleme, schwanger zu werden. In der Altersgruppe der 40- bis 44-Jährigen steige dieser Anteil auf 64 Prozent.

 

 

 

 

 

 

Das ist in der deutschen Öffentlichkeit auf fast einhellig scharfe Kritik gestoßen:
°
Deutsche Kritik an „Social Freezing“
„Wir mischen uns nicht in die Familienplanung ein“
Facebook und Apple wollen Mitarbeiterinnen in Amerika das Einfrieren von Eizellen bezahlen. In Deutschland reagieren Arbeitgeber und Gewerkschaften mit Skepsis.
°

WDR5, 17.05.14

Kommentar –
"Egg-freezing": Perverse Familienpolitik
Die Unternehmen Apple und Facebook wollen ihren Mitarbeiterinnen auf Wunsch das Einfrieren ihrer Eizellen bezahlen, um das Kinderkriegen hinauszuschieben und erstmal ungehindert Karriere machen zu können. Ein Kommentar von Randi Crott.
°
Frauen
Ökonomisch optimiert leben
Mit dem Einfrieren von Eizellen folgen Firmen ihren Interessen, nicht denen von Frauen.
Katja Bauer
°
 
Nur ganz vereinzelt gibt es Stimmen, die dem Vorstoß der Internetgiganten auch positive Seiten abgewinnen können – sogar jenseits feministischer Kreise (HBF-Premium)…
Diese vermeintlichen Rezepte zur Vereinbarkeit von Karriere (= arbeiten in beruflichen Top-Positionen) und Kind(ern) werden allerdings weder durch die Fakten betätigt….

 

 

 

 

Übelmeinende könnten den Konzernen unterstellen, sie würden ihren Mitarbeiterinnen einen Pakt mit dem Teufel aufquatschen: Wir zahlen deine Eizellen, dafür schiebst du deinen Kinderwunsch nach hinten und stellst deine Arbeitskraft voll und ganz uns zur Verfügung. Damit tut man den Unternehmen aber vermutlich unrecht, schließlich gelten sie unter amerikanischen Konzernen als besonders progressiv, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht.
Beide Firmen haben Betriebskindergärten. Facebook gewährt Müttern und Vätern vier Monate bezahlte Elternzeit und schenkt ihnen 4000 Dollar Kindergeld. Bei Apple bekommen Mütter 18 Wochen bezahlte Elternzeit, Väter erhalten immerhin sechs Wochen. Gesetzlich gibt es in den USA keinen Anspruch auf bezahlten Mutterschutz oder Elternzeit.
(aus: Kind und Karriere: Apple zahlt Mitarbeiterinnen Einfrieren von Eizellen. Welt Online 15.10.14)

 

 

 

 

…selbst Frauen in Führungspositionen bleiben deutlich häufiger als Männer kinderlos, obwohl sie sich mühelos eine privat organisierte Kinderbetreuung leisten könnten, um beruflich immer am Ball zu bleiben:
Auch das Alter der Mütter spielt eine Rolle, wie eine neue Untersuchung des Instituts zur Zukunft der Arbeit bei Ökonominnen zeigt, die Kinder bekamen. Späte Mütter fallen demnach weniger weit zurück.
Umgekehrt ist auch erwiesen, dass Frauen mit Führungsverantwortung seltener Kinder haben als Männer in vergleichbaren Positionen — und auch öfter kinderlos sind als andere Frauen. Nach einer Untersuchung des Bevölkerungssoziologen Martin Bujard hat keine Berufsgruppe eine so niedrige Geburtenrate wie Geschäftsführerinnen von Unternehmen. Die Quote lag bei 1,0 Kindern pro Frau, die durchschnittliche Geburtenrate aller Frauen in Deutschland beträgt 1,34 Kinder.
(aus:  AUTOMATISCH NACH OBEN – aus: Titel: Die Wut der Männer.  DIE ZEIT 9. OKTOBER 2014, N° 42)
°

 

 

 

….. noch zeigt der Blick auf den Alltag der polit-medialen Vorzeigefrauen (und ihre Partner) die umstandslos gelingende Vereinbarkeit von Karriere und Kind(ern):
 
DIE ZEIT, 16. OKTOBER 2014  N° 43, S. 71f
°
»Zu Hause war ich diese Woche nicht
Gleichzeitig Chefin und gute Mutter sein — geht das? Klar, sagen vier Frauen aus dem Netzwerk »Working Moms«. Ein Gespräch über Selbstverwirklichung, geschmuggelte Muttermilch und unzuverlässige Au-pair-Mädchen
 
DIE ZEIT: Es ist Freitagnachmittag, einige von Ihnen sind mit dem Rollkoffer direkt vom Flughafen aus zu diesem Gespräch gekommen. Wie viel Zeit haben Sie in dieser Woche mit Ihren Kindern verbracht?
Birgit Härle: Viel weniger als mit Arbeit. Ich bringe meine Tochter morgens um acht Uhr in den Kindergarten, und abends sehe ich sie selten vor sieben, halb acht.
Nicole Voigt: Also, in Gedanken war ich zu 100 Prozent bei meinen Kindern. Aber zu Hause war ich diese Woche gar nicht. Ich bin seit Montagfrüh unterwegs. Das ist aber die Ausnahme. Normalerweise bin ich nur an drei Tagen in der Woche nicht zu Hause. (….)
Phoebe Kebbel: Ich arbeite Vollzeit, genau wie mein Mann. Wir sehen zu, dass einer von uns um 19 Uhr zu Hause ist. (…)
ZEIT: Sie haben Ihre Tochter mit Anfang 40 bekommen und früh in die Krippe gegeben.
Härle: Ja, sie kam mit zehn Wochen in die Krippe. Und was wurde ich angefeindet dafür! Das ging bis zu dem Vorwurf: Dein Kind wächst ohne Eltern auf! Aber ich wollte zu dieser Zeit unbedingt wieder ran. (….)
Härle: Unter der Woche übernimmt auch unser Au-pair-Mädchen viel. Nur ist das auch nicht immer stressfrei. Wir haben derzeit das achte Au-pair für meine fünfeinhalb Jahre alte Tochter. Länger als ein Jahr dürfen sie ja nicht bleiben, und wenn eine plötzlich und unerwartet abreist, dann ist der Stressfaktor natürlich entsprechend hoch.
Voigt: Dann bricht kurzzeitig alles zusammen.
Kebbel: Wenn es zum dritten Mal passiert, hat man allerdings schon eine gewisse Routine.
Härle: Aber es ist für mich toll, zu sehen, wie sich mein Kind ganz offen auf neue Leute einstellt. Wenn wir ein neues Au-pair vom Flughafen abholen, sitzt das Mädchen noch nicht im Auto, da sagt meine Tochter schon: Meine Freundin! Und will, dass sie neben ihr sitzt. Für mich ist das auch eine Erziehungssache, zu sagen: Sei offen für neue Leute. Gerade weil meine Tochter ohne Geschwister aufwächst, ist das ein schönes Modell für sie. (…)
 
weitere Einzelheiten bei  HBF-Premium

°

Die »Working Moms«
Phoebe Kebbel, 41, Partner bei Hering Schuppener, Kommunikationsberatung in Frankfurt am Main, zwei Söhne, 9 und 11 Jahre
Nicole Voigt, 39, Principal bei der Boston Consulting Group in Düsseldorf, drei Kinder, 3, 12 und 16 Jahre
Julia Fitzner, 36, Referentin bei einer Bundesbehörde in München, zwei Kinder, 2 und 6 Jahre
Birgit Härle, 46, Leitung des Bereichs Sponsoring, Events und Kultur bei einer Münchner Bank, eine Tochter, 5 Jahre
°
siehe dazu auch:
Erfolg in der heutigen Arbeitswelt hat einen hohen persönlichen Preis – übrigens auch bei Männern. Das Angebot der Internetfirmen zieht daraus nur in gewohnt pragmatischer US-Manier die Konsequenz. Betriebswirtschaftliche Nützlichkeit und Effizienz des/der Einzelnen als zentraler Ordnungsmaßstab einer Gesellschaft hat jedoch weitreichende Rückwirkungen. Deshalb erscheint selbst wirtschaftsliberalen Redaktionen die Frauenquote der Bundesregierung plötzlich in ganz neuem Licht:
°
KALTE NEUE WELT
Amerikanische Internet-Giganten bieten ihren Mitarbeiterinnen an, das Einfrieren von Eizellen zu bezahlen. Im Kampf um Talente erwecken sie die Illusion, Herr über das Leben zu sein. Dagegen wirkt die „Familienpolitik“ der DDR geradezu human. Ein Kommentar.
Von Reinhard Müller
°
Arbeit ist das ganze Leben. (….)  Spaß ja, aber bitte keine Fortpflanzung! Denn dann stünden weibliche Arbeitskräfte für ein paar Wochen nicht zur Verfügung. Deshalb jetzt das großzügige Angebot von Konzernen aus der schönen neuen Welt, ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren ihrer Eizellen zu bezahlen – auf dass sie möglichst lange voll arbeitseinsatzfähig bleiben und möglichst spät gebären. (…)
Es ist kein Zufall, dass sich gerade Frauen, aber auch immer mehr Männer dem Rattenrennen in der „freien“ Wirtschaft verweigern. Das soll künftig in Deutschland die QUOTE verhindern. Auch hierzulande werden mehr Arbeitsbienen gebraucht. Es wird kalt.

 

 

 

 
Die drohende Vereisung des gesellschaftlichen Klimas durch ein allein von ökonomischer Nützlichkeit geprägtes Menschenbild erreicht mit der Debatte um die Zulässigkeit der Sterbehilfe auch den Bundestag:
°
Sterbehilfe-Debatte
Entscheidung über Leben und Tod
°
Eine Politikergruppe um Karl Lauterbach und Peter Hintze will ärztlich assistierten Suizid erlauben. Doch um die Sterbehilfe wird weiter höchst kontrovers diskutiert.
Pro Selbstbestimmung. Mit einer Aktion für die aktive Sterbehilfe versucht die Giordano-Bruno-Stiftung in Großstädten wie Berlin oder Frankfurt am Main Aufmerksamkeit zu erregen. – Foto: imago
°
 Dürfen Ärzte oder Organisationen unheilbar kranken Menschen beim Sterben helfen? Das ist eine ethisch und moralisch hochbrisante Frage, die die schwarz-rote Koalition nun klären will. Eine neue Gesetzesregelung zur Sterbehilfe will sie auf den Weg bringen. Worüber Abgeordnete und Ärzte seit langem gestritten haben, wird nun konkreter: Am Donnerstag legte eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Peter Hintze (CDU) und SPD-Fraktionsvize Carola Reimann ein fraktionsübergreifendes Positionspapier vor. Einen ersten Meinungsaustausch soll es am 13. November geben. (…)

 

 

 

Einzelne Experten sind da schon weiter und hoffen auf grundlegende Alternativen (HBF-Premium)
 
°
Zum Thema siehe auch:
 

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar