JUGEND heute:
Fit FÜR den ARBEITSMARKT, aber nicht für die Altenrepublik!
– Neue Studien als politische „Herausforderung“

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HBF-Aktuell, Tübingen 27. Oktober 2014, erstellt 14:02 Uhr, Stand 18:40 Uhr
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Junge Frauen sind auf dem besten Weg in der Arbeitswelt mit Männern gleichzuziehen (HPL). Beide Geschlechter zeichnen sich dabei durch einen zielstrebigen Pragmatismus aus, der den politischen Erwartungen ganz entspricht, wie neue Studien zeigen (HPL). Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, wenn das derzeit öffentlich lebhaft diskutierte „Social Freezing“ von ihnen mehrheitlich als weiteres Instrument zur optimierten Lebensplanung eingestuft wird (vgl. u.a. HBF 2014). Allerdings ist die Nachwuchsgeneration offenkundig bislang kaum darauf vorbereitet, die ihr politisch zugedachte Rolle in der Altenrepublik Deutschland tatsächlich auszufüllen (HPL).
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HBF-VOLLTEXT
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Junge Frauen sind auf dem besten Weg in der Arbeitswelt mit Männern gleichzuziehen:

 

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Arbeitsmarkt
 DEUTSCHE MÄNNER SIND DIE VERLIERER DES JOBWUNDERS
 Die Arbeitsplätze, die in Deutschland 2013 entstanden sind, sind zu mehr als drei Vierteln an Ausländer und deutsche Frauen gegangen. Die sind nicht nur hoch motiviert sondern auch gut qualifiziert.0
 Von  Flora Wisdorff
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 Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs im Juli ist im Vergleich zum Vorjahr auf 30,12 Millionen gestiegen – ein Plus von 528.000 neuen Jobs. Von diesen gingen 44 Prozent an Ausländer, 38 Prozent an deutsche Frauen und nur 17 Prozent an deutsche Männer
 
 

 

Beide Geschlechter zeichnen sich dabei durch einen zielstrebigen Pragmatismus aus, der den politischen Erwartungen ganz entspricht, wie neue Studien zeigen:
 
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Neue Studentengeneration
HAUPTFACH EGOISMUS
Studenten sind politisch engagiert, eher links und tolerant? Nicht unbedingt, wie nach SPIEGEL-Informationen eine neue Regierungsstudie zeigt. Demnach wollen sie vor allem eines: "Sich schöne Dinge leisten können."
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Ernüchterndes Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Studie der Bundesregierung: Deutsche Studenten sind demnach eine konservative Gruppe, der finanzielle Sicherheit wichtiger ist als politisches Engagement. "Die Ergebnisse zeichnen das Bild einer stark ichbezogenen Studentengeneration. Berufliches Vorankommen sowie materielle Werte sind für sie sehr wichtig", heißt es in der Studie von TNS Infratest, die vergangenes Jahr im Auftrag des Bundespresseamts erstellt wurde. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
"Sich schöne Dinge leisten können" steht für die Studenten zum Beispiel weit oben auf der Agenda. In einer ähnlichen Studie im Jahr 1995 fanden dies nur 31 Prozent wichtig, heute sind es 73 Prozent der Befragten. Dagegen hat das politische Interesse der Studenten im Vergleich zu früheren Untersuchungen nachgelassen. Lediglich 45 Prozent interessieren sich laut Infratest stark oder sehr stark für Politik. (….)
Walter Grünzweig, Professor für amerikanische Literatur und Kultur an der Technischen Universität Dortmund und Träger des Ars-Legendi-Preises für exzellente Lehre, macht für die Entwicklungen auch die Politik verantwortlich. Der einzige Zweck, den Hochschulen seit der Bologna-Reform noch zu erfüllen hätten, sei es, "Schmalspur-Absolventen" für den Arbeitsmarkt zu produzieren. "Wir erziehen eine unpolitische, antiintellektuelle Generation", warnt Grünzweig, der bei den aktuellen Studenten von einer Generation "unter extremem Druck" spricht.
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Studie
Deutsche Studenten sind glücklich
Neue Umfrage zur Lehre an Universitäten – Vorbereitung auf Beruf kommt zu kurz
 Von Thomas Vitzthum
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 Die große Mehrheit der Studenten in Deutschland ist glücklich mit ihrem Studium, und die Zufriedenheit wächst seit Jahren. Das ergibt sich aus einer noch unveröffentlichten Studie der Universität Konstanz im Auftrag des Forschungsministeriums, die der Berliner Morgenpost in Auszügen vorliegt. Demnach bewerten 78 Prozent der Befragten die inhaltliche Qualität der Lehre positiv. Zehn Jahre zuvor waren es erst 64 Prozent gewesen.*
Aufbau und Struktur der Studiengänge erhalten ähnlich gute Noten. Das ist bemerkenswert, da der überwiegende Teil der Studiengänge auf das Bachelor- und Mastersystem umgestellt wurde. Die starke Verschulung dieser neuen Struktur wurde immer wieder kritisiert. Doch die meisten Studenten treibt das offensichtlich nicht mehr um. "Die Ergebnisse zeigen: Trotz der stark gewachsenen Studienanfängerzahlen sehen die meisten ihre Studiensituation positiv", sagte Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU).
(…) Der aktuelle Studierenden-Survey der Universität Konstanz, eine Umfrage unter 5000 Studentinnen und Studenten im Wintersemester 2012/13 im Auftrag des Bundesforschungsministeriums, gibt auch darauf nun eine Antwort. Sie wird nicht formuliert, aber sie ist klar aus den Ergebnissen herauszulesen: Die Studenten verstehen ihre Hochschulen heute als eine Art bessere Berufsschule. Sie erwarten die Vorbereitung auf einen konkreten Beruf.
(…) Die Aussicht auf eine gute wissenschaftliche Ausbildung – immerhin einmal das Kernanliegen des Systems Universität – fällt dagegen mit 67 Prozent doch deutlich ab.  (….)
Seit 2001 hat auch die Erwartung, ein Studium garantiere ein gutes Einkommen, um 16 Prozentpunkte auf 58 zugelegt. (…) Studenten wollen studieren, um möglichst schnell einen gut bezahlten, interessanten Beruf zu erlangen. (…)
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siehe dazu auch:
Das politisch propagierte Motto "wirtschaftliche Sicherheit nur durch eigene Berufstätigkeit" ist bei beiden Geschlechtern zum persönlichen Leitwert geworden. Dementsprechend ist der Wunsch, eine Familie zu gründen, bevor man sich beruflich etabliert hat, kräftig gesunken (HBF-Premium)
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, wenn das derzeit öffentlich lebhaft diskutierte „Social Freezing“ (1) von der Nachwuchsgeneration mehrheitlich als weiteres Instrument zur optimierten Lebensplanung eingestuft wird (vgl. dazu die Umfrageergebnisse in der aktuellen ZEIT – siehe dazu: HBF 24.10.14). (Nicht nur) Damit dokumentiert die Nachwuchsgeneration allerdings, daß sie bislang kaum darauf vorbereitet ist, die ihr politisch zugedachte Rolle in der Altenrepublik Deutschland tatsächlich auszufüllen.
So soll das bundesdeutsche Wohlstandsmodell selbst nach Konzepten der Bundesregierung in unserem schrumpf-alternden Land nur dann stabil bleiben, wenn die Geburtenrate nicht noch weiter sinkt. Tatsächlich wäre jedoch mit einem weiteren Rückgang zu rechnen, wenn die jungen Frauen und Männer, wie in der ZEIT-Umfrage angegeben, das "Social Freezing" wirklich in größerem Maßstab nutzen sollten. Entgegen den Versprechungen der Reproduktionsmediziner ist die Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Technik nämlich vergleichsweise gering:
 
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DIE FRAU, DIE LEBEN SCHENKTE
Sie hat in 30 Jahren 10 000 Kinder in der Petrischale gezeugt. Aber eigene Kinder wollte sie nie. Die Embryologin Helena Angermaier über die Geheimnisse ihrer Arbeit – und über die Gefahren.
Von Andreas Bernard (Interview)
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prägnante Textauszüge in: HBF-Premium

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Zudem ist in jedem Fall klar, daß im alternden Sozialstaat die aktive Erwerbsgeneration einen größeren Teil ihres Einkommens als bisher für die Versorgung der stark wachsenden Ruhestandsgeneration mit ihrem hohen Anteil an Kinderlosen wird abgeben müssen. Das steht jedoch im scharfen Kontrast zu der gerade vom SPIEGEL gemeldeten immer materialistischeren und egoistischeren Orientierung der Jugend.
Außerdem ist das politisch zugesagte Leistungsniveau des Sozialstaates künftig nur zu halten, wenn die Einwanderung mindestens auf dem jetzt erreichten hohen Niveau (vgl. z.B. HBF 21.05.14) fortgeführt wird. Aber schon jetzt gibt es beim Nachwuchs dagegen erhebliche Vorbehalte, wie die Studierenden-Umfrage der Regierung belegt:
 
Nachgelassen hat hingegen die früher lautstark eingeforderte internationale Solidarität: „Bei Zuwanderungsfragen sind die Studierenden nicht frei von Vorbehalten", stellen die Forscher fest. „Jeweils rund die Hälfte findet, dass die Zahl der Zuwanderer die Integrationskraft der Gesellschaft überfordert und dass Deutschland in Zukunft nicht mehr Fachkräfte aus dem Ausland braucht."
Nicht wenige Studenten scheinen für die klassischen Ressentiments der Rechtsextremen empfänglich, wonach Ausländer die Jobs wegnehmen. „Die Vorbehalte der Studierenden dürften unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass sie selbst den Einstieg ins Berufsleben erst noch vor sich haben und sich viele von Konkurrenz aus dem Ausland eher bedroht fühlen könnten", schreiben die Demoskopen.
(aus:  GENERATION ICH. Der Spiegel 27.10.2014, Nr.44)

 

Schließlich sind zwar junge Männer und Frauen gleichermaßen erwerbsorientiert. Allerdings ist das politisch angestrebte Ziel einer durchgängig hohen Mütterwerbstätigkeit zur Sicherung der Altenrepublik keineswegs in der Nachwuchsgeneration so gefestigt, wie es sich die Sozialstaatsplaner/innen wünschen (HBF-Premium)….

Diese Wertorientierungen in der potentiellen Elite unserer Gesellschaft lassen einen handfesten Generationenkonlikt in der Zukuft erwarten. Ein erster Vorbote war ja bereits beim beschlossenen schwarz-roten Rentenpaket für Mütter und Vorruheständler zu erkennen (vgl. z.B. HBF 29.01.14). Wie ein politisch organisierter Interessenausgleich jedoch gelingen soll, wenn der Nachwuchs politisch nicht mitgestalten will (s.o.), ist derzeit nicht erkennbar.

 
 

 

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Zum Thema siehe auch:

 


1) vgl. dazu HBF-Premium

 

 

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