ARBEITSMARKT- STATT FAMILIENPOLITIK:
Die späten ZWEIFEL von SPD-Ministerin ANDREA NAHLES
– aber weiter wahlkampfgerechte Illusionen
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HBF-Aktuell, Tübingen 12.01.2015, erstellt 17:00 Uhr, Stand 21:15 Uhr
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Eine wirkungsvolle Familienpolitik muß auf die volle Integration der Mütter in den Arbeitsmarkt setzen. In einem Interview hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) jetzt auch öffentlich eingeräumt (HPL), was das Heidelberger Büro für Familienfragen und soziale Sicherheit als familienpolitische Ziel der Regierungspolitik bereits seit der Jahrtausendwende regelmäßig analysiert hat (vgl. HBF-Themen-Archiv). Daß dieses Konzept die Lebenswirklichkeit von Eltern kraß verfehlt (HPL), ist inzwischen auch bei der SPD-Spitzenpolitikerin (und ihrer Partei) angekommen (HPL). Ihre politische Antwort darauf entpuppt sich allerdings bei genauer Betrachtung nur als Scheinlösung, wie sympathisierende Experten/innen freimütig bestätigen (HPL). Dennoch kann die SPD darauf hoffen, beim nächsten Bundestagswahlkampf damit auf Stimmenfang bei jungen Paaren und Eltern gehen zu können (HPL)
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HBF-VOLLTEXT
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Eine wirkungsvolle Familienpolitik muß auf die volle Integration der Mütter in den Arbeitsmarkt setzen. In einem Interview hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) jetzt auch öffentlich eingeräumt (HPL), was das Heidelberger Büro für Familienfragen und soziale Sicherheit als familienpolitische Ziel der Regierungspolitik bereits seit der Jahrtausendwende regelmäßig analysiert hat
DIE ZEIT 8. JANUAR 2015 , Nr 2, POLITIK 7
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»Erklären Sie das mal als Mutter!«
Gestresste Eltern, überlastete Familien: Arbeitsministerin Andrea Nahles über die tägliche Uberforderung. Auch ihre eigene
(….)
NAHLES: Dass in einer Beziehung beide Vollzeit arbeiten, Mann und Frau, ist über die Jahre die Zielvorstellung, ja geradezu die Idealisierung der SPD gewesen. Mittlerweile begegne ich aber immer mehr Menschen, die sich sorgen, dass die Arbeit alles andere in ihrem Leben erschlägt. Die würden gern Teilzeit arbeiten oder auch mal von zu Hause aus. Die wünschen sich mehr Flexibilität. (…)
siehe dazu:
Daß dieses Konzept die Lebenswirklichkeit von Eltern kraß verfehlt, ist inzwischen auch bei der SPD-Spitzenpolitikerin (und ihrer Partei) angekommen:
 
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Familie und Karriere
DAS “ALLES IST MÖGLICH”-MANTRA IST EINE LÜGE
Zwei “Störenfriedinnen” über den alltäglichen Wahnsinn berufstätiger Mütter
Von Änne Seidel
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Büro und Baby, Job und Familie: Für viele Eltern ist das ein ständiger Balanceakt. (dpa / picture alliance / Jens Büttner)
Organisation ist alles! Daran glaubte lange auch die Journalistin Britta Sembach. Jetzt hat sie mit Susanne Garsoffky ein Buch geschrieben. Darin stellen beide die viel beschworene Vereinbarkeit von Familie und Beruf infrage. (…)
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siehe dazu:
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DIE ZEIT 8. JANUAR 2015 , Nr 2, POLITIK 7
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»Erklären Sie das mal als Mutter!«
Gestresste Eltern, überlastete Familien: Arbeitsministerin Andrea Nahles über die tägliche Uberforderung. Auch ihre eigene
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(….)
NAHLES: (….) Viele Mütter und Väter merken einfach, dass die moderne Arbeitswelt die Belange der Familien viel zu wenig berücksichtigt. Man bekommt doch kein Knd, nur um dann damit beschäftigt zu sein, es irgendwie wegzuorganisieren, weil man arbeiten gehen muss. Wie gesagt: Über dieses angebliche Ideal, beide arbeiten Vollzeit und sind glücklich dabei, kann ich nur lachen. Es ist für viele Paare schlicht eine Überforderung. Wer das hinbekommt, dem gebührt Respekt! Ich lebe es privat auch anders (….)
Ihre politische Antwort darauf….
NAHLES: Wir sollten die Arbeit gleichmäßiger über den Lebensverlauf und zwischen den Geschlechtern aufteilen. Viele Familien leiden doch darunter, dass sich bei den 30- bis 45-Jährigen so viel ballt: Diese Frauen und Männer sollen gleichzeitig Karriere machen, Kinder großziehen und die finanzielle Basis für ihre spätere Rente legen. Wieso entzerren wir das nicht? Mit einer FAMILIENARBEITSZEIT von 32 Stunden in der Woche, wie Manuela Schwesig sie vorgeschlagen hat, hätten Mütter und Väter die Möglichkeit, weniger zu arbeiten, wenn die Kinder klein sind — und später, wenn die Kinder aus dem Haus sind, würden die Eltern entsprechend mehr arbeiten.
(aus: ebda.)
…..entpuppt sich allerdings bei genauer Betrachtung nur als Scheinlösung, wie sympathisierende Experten/innen freimütig bestätigen:
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AM AKTUELLEN RAND  
FAMILIENARBEITSZEIT:
NICHT WENIGER, SONDERN MEHR ARBEITSKRAFT FÜR DIE UNTERNEHMEN
von Kai-Uwe Müller und Katharina Wrohlich, Mitarbeiter in der Abteilung Staat Leiterin der Abteilung Staat am DIW Berlin am DIW Berlin
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Der Vorstoß der Familienministerin Schwesig zur Einführung einer 32-Stunden-Woche für Eltern hat in den vergangenen Wochen für viele Schlagzeilen gesorgt. Leider entstand dabei oft der Eindruck, das von uns berechnete Modell der Familienarbeitszeit solle Eltern eine für den Steuerzahler enorm teure Arbeitszeitverkürzung ermöglichen. Die Familienarbeitszeit sei ein unnötiger Eingriff in den Arbeitsmarkt und eine übermäßige Belastung für die Unternehmen, wurde kritisiert. Richtig ist: Das Modell könnte zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen.
Für die meisten Eltern wäre das eine Möglichkeit, nicht weniger, sondern mehr zu arbeiten. Davon könnten die deutschen Unternehmen gerade in Anbetracht des demografischen Wandels profitieren. Sie müssten nicht auf Arbeitskraft verzichten, sondern könnten unterm Strich auf mehr hoffen. (….)
Die Intention der Familienarbeitszeit ist eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und Väter von Kindern im Alter von ein bis drei Jahren, die dadurch gelingen kann, dass sich beide Elternteile gleichmäßig in Familien-und Erwerbsarbeit engagieren. Wie unsere Ergebnisse gezeigt haben, ist unterm Strich eine Erhöhung des Arbeitszeitvolumens zu erwarten, da Zweitverdiener – zumeist Frauen – ihre Arbeitszeit ausdehnen, was die kürzere Arbeitszeit des Partners überkompensiert. (….)

Dennoch kann die SPD darauf hoffen, beim nächsten Bundestagswahlkampf damit auf Stimmenfang bei jungen Paaren und Eltern gehen zu können – eine kritische Prüfung und Bewertung durch die Medien läßt jedenfalls bislang noch auf sich warten (vgl. HBF-Themen-Archiv "Medienqualität")

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Zum Thema siehe heute auch:
 
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Familienstudie:
ELTERN MACHEN SICH VIEL STRESS SELBST
Berlin (dpa) – Welcher Kinderwagentyp? Chinesisch in der Kita? Das Elterndasein in Deutschland fühlt sich nach einer Umfrage heute anstrengender an als früher. Schuld daran sind aber wohl auch die Mütter und Väter selbst.
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Die Gründe dafür lägen dabei weniger im Spagat zwischen Job und Familie, sondern vor allem an den hohen Ansprüchen der Eltern an sich selbst, teilte die Zeitschrift (Eltern – HBF-Ergänzung) in Berlin mit. Viele Mütter und Väter wollten in allem perfekt sein: im Job, als Eltern und als Partner.
Für die Umfrage wurden im September und Oktober rund 1000 Eltern mit Kindern bis 12 Jahre von dem Meinungsforschungsinstitut forsa interviewt – und ergänzend dazu über 700 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren vom Kinder-Marktforschungsinstitut iconkids&youth.
Auf die Frage "Wenn Sie die Erwartungen und Anforderungen an Eltern von heute mit denen vor 30 Jahren vergleichen – was, meinen Sie, hat sich verändert?" antworteten rund 60 Prozent der Mütter und Väter, dass die Erwartungen heute höher seien. 30 Prozent halten sie nicht für höher, sehen heute aber andere Anforderungen.
Zerrissenheit zwischen Kind und Job gilt bisher vor allem bei Müttern als Stressfaktor Nummer eins. Nach der Umfrage machen sich Eltern – Mütter wie Väter – den meisten Stress aber selbst. Rund die Hälfte der befragten Männer (56 Prozent) und drei Viertel der Frauen (73 Prozent) sprechen von sehr hohen Ansprüchen und Anforderungen an sich selbst. Das kann zum Beispiel von der Auswahl des Kinderwagens bis zur Entscheidung für eine Schule reichen.
Viele glauben schließlich, als Eltern nicht zu genügen. So sagen drei Viertel der befragten Frauen, dass sie mit sich als Mutter häufig oder gelegentlich unzufrieden sind. Bei den Männern glauben zwei Drittel, dass sie ihrer Vaterrolle nicht gut genug gerecht werden. Die befragten Kinder sehen das allerdings völlig anders: Rund 90 Prozent halten ihre Eltern für die besten der Welt.
Isabelle Haesler, Sprecherin der Zeitschrift, sieht den gefühlten Stress der Eltern auch als Folge einer Qual der Wahl. Schon in Buchhandlungen füllten Erziehungsratgeber inzwischen Regalwände. "Es gibt heute so viele Optionen und ein Übermaß an Informationen", ergänzt Haesler. Vielleicht sei bei Eltern damit auch die Angst verbunden, eine falsche Entscheidung zu treffen – statt einfach wie früher auf das gesunde Bauchgefühl zu hören.
Mehr als 60 Prozent der Eltern sprechen in der Umfrage neben Eile, Hetze und Zeitdruck im Alltag vom "Druck durch die hohen Leistungsanforderungen unserer Gesellschaft". Wie eine Nebenwirkung der Pisa-Studien kann dann schon die Suche nach einer Kita zur großen Hürde werden, vor allem in der Großstadt. Geschaut wird oft nicht mehr nach der Nähe zur Wohnung, sondern nach dem Bildungsangebot – Chinesisch oder Englisch?
Die Liste, was "gute Eltern" ausmacht, ist bei Müttern und Vätern heute ellenlang. Rund die Hälfte zählt auf, dass sie immer hinter ihrem Kind stehen wollen. Sohn oder Tochter sollten das Gefühl haben, das Wichtigste auf der Welt zu sein. Eltern verstehen es inzwischen sogar als ihre Aufgabe, für soziale Kontakte ihres Nachwuchses zu Gleichaltrigen zu sorgen.
Das gefühlte Ungleichgewicht bei der Verteilung der Elternarbeit bleibt bestehen: So glauben zwei Drittel der Väter, dass beide Elternteile gleichermaßen erziehen. Bei den Frauen glaubt das nur ein Drittel – und sieht den Hauptanteil weiter bei den Müttern.
Der Job scheint dagegen nicht das Problem Nummer eins zu sein. Drei Viertel der befragten Eltern sagen, dass sie zufrieden mit ihrer Arbeitszeit sind. Von der Familienpolitik wünscht sich allerdings fast die Hälfte (44 Prozent) zusätzliche finanzielle Unterstützung – wie mehr Kindergeld oder kostenlose Kita-Jahre.
Die Sicht der Kinder bleibt vom Eltern-Stress nicht unberührt. Ein Drittel des Nachwuchses (36 Prozent) findet, dass die Eltern gestresst sind, "weil sie immer alles perfekt machen wollen". Immerhin scheinen sich die Eltern ihrer Lage bewusst zu sein: Wenn sie einen Wunsch frei hätten, wünschen sich rund 40 Prozent mehr Geld. Auf Platz zwei (38 Prozent) folgt dann aber schon der Wunsch nach mehr Lockerheit und Gelassenheit.
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  • GROSSE ELTERN-STUDIE 2015: Eltern heute: Immer mehr unter Druck?. eltern.de 12.01.15 (Nachtrag 13.01.15, 11:20 Uhr