EINWANDERUNG NÜTZT
– aber NICHT ALLEN!
/ Kühle Analyse eines renommierten Ökonomen bestätigt Statistik und Lebenserfahrung
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HBF-Aktuell, Tübingen 12.01.2015, erstellt 13:30 Uhr, Stand 14:55 Uhr
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Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz gewinnt an Fahrt – dank mächtiger Fürsprecher/innen (HPL). Mögliche Sorgen in der Bevölkerung über die Folgen (HPL) dieser politischen Weichenstellung(en) sollen mit dem ständigen Verweis auf den „Nutzen für alle“ entkräftet werden. Tatsächlich offenbart der Blick auf die unterschiedlichen Interessenlagen in unserem Land einen zwiespältigen Befund (vgl. HBF 15.12.14), den einer der einflußreichsten Ökonomen Europas gerade wieder bestätigt (HPL). Eine neue Statistik (HPL) und die Lebenserfahrung (HPL) untermauern dieses Urteil.
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HBF-VOLLTEXT
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Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz gewinnt an Fahrt – dank mächtiger Fürsprecher/innen:
°FachkräftemangelANGELA MERKEL WILL REGELN FÜR ZUWANDERER PRÜFENAngesichts des drohenden Fachkräftemangels denkt die CDU über vereinfachte Arbeitsbedingungen für qualifizierte Einwanderer auf. Auch die SPD und die Grünen zeigen sich offen für CDU-Vorstoß.von Rainer Woratschka°°BDI-Chef Grillo"WIR BRAUCHEN ZUWANDERUNG"Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, warnt davor, die Attentate in Frankreich für die Stimmungsmache gegen Zuwanderung zu missbrauchen. "Zuwanderung tut Deutschland gut", sagte Grillo im Interview der Woche des DLF. Auch seine Familie habe einen Migrationshintergrund.Ulrich Grillo im Gespräch mit Theo Geers°
Mögliche Sorgen in der Bevölkerung über die Folgen dieser politischen Weichenstellung(en), wie sie die Pegida-Bewegung (auch) artikuliert (vgl. z.B. HBF 12.12.14), sollen mit dem ständigen Verweis auf den „Nutzen für alle“ entkräftet werden. Tatsächlich offenbart der Blick auf die unterschiedlichen Interessenlagen in unserem Land einen zwiespältigen Befund (vgl. HBF 15.12.14), den einer der einflußreichsten Ökonomen Europas gerade wieder bestätigt:
DIE ZEIT 8. JANUAR 2015 , Nr 2, WIRTSCHAFT 21°»WAS UNS DA BLÜHEN KANN«Ist die Migration ein Verlustgeschäft? Wie viel qualifizierte Zuwanderung brauchen wir? Ein Gespräch mit dem streitbaren Ökonomen HANS-WERNER SINNHans-Werner Sinn, 66, ist Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München°DIE ZEIT: Herr Sinn, die Kanzlerin sagt, Zuwanderung sei ein Gewinn für Deutschland. Hat sie recht?Hans-Werner SINN: Die deutsche Volkswirtschaft insgesamt profitiert davon, dass mehr Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Bei den Einnahmen und Ausgaben des Staates sieht die Rechnung allerdings anders aus. (…)ZEIT: Aus der Wirtschaft kam Kritik an Ihren Zahlen. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagt, wir brauchten Zuwanderung.SINN: Ich nehme an, er weiß gar nicht, was wir gesagt haben, sondern kritisiert ein Zerrbild der Medien. Natürlich brauchen wir Zuwanderer. Man sollte die Vorteile für die Arbeitgeber allerdings nicht mit gesamtgesellschaftlichen Vorteilen gleichsetzen, denn die Immigration drückt die Löhne. Aus der Sicht der Arbeitnehmer, die sich dem Konkurrenzdruck der Migranten ausgesetzt sehen, stellt sich die Sachlage etwas anders dar als aus der Sicht der Unternehmer. (…)
Dieses Urteil untermauert nicht nur eine neue Statistik….
°Ungenutztes Arbeitskräftepotenzial:6,3 MILLIONEN MENSCHEN WOLLEN (MEHR) ARBEIT°WIESBADEN – Im Jahr 2013 wünschten sich rund 6,3 Millionen Menschen im Alter von 15 bis 74 Jahren Arbeit oder mehr Arbeitsstunden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf der Grundlage der Arbeitskräfteerhebung weiter mitteilt, setzte sich dieses ungenutzte Arbeitskräftepotenzial aus 2,2 Millionen Erwerbslosen, 1,0 Millionen Personen in Stiller Reserve und 3,1 Millionen Unterbeschäftigten zusammen. Gegenüber dem Vorjahr 2012 ist die Zahl der Unterbeschäftigten um 3,4 % zurückgegangen, die der Erwerbslosen ging um 1,9 % zurück. Die Zahl der Personen in Stiller Reserve blieb gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert (– 0,2 %).Während sich das gesamte ungenutzte Arbeitskräftepotenzial mit knapp 3,2 Millionen Männern im Vergleich zu 3,1 Millionen Frauen fast gleichmäßig zwischen den Geschlechtern aufteilt, gibt es bei den einzelnen Formen des ungenutzten Arbeitskräftepotenzials teilweise deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Am stärksten ausgeprägt sind diese bei der Unterbeschäftigung, wenn zusätzlich nach Vollzeit und Teilzeit differenziert wird.Unterbeschäftigte sind zwar erwerbstätig, haben aber den Wunsch nach zusätzlichen Arbeitsstunden und stehen für diese auch zur Verfügung. Unterbeschäftigung bei einer Vollzeittätigkeit ist – anders als die Unterbeschäftigung der Teilzeittätigen – eine Männerdomäne. Von den 1,4 Millionen Unterbeschäftigten in Vollzeit waren 74 % männlich. Bei den 1,7 Millionen Unterbeschäftigten in Teilzeit war es fast genau umgekehrt: Hier waren 73 % weiblich. (…)°
…sondern auch die Lebenserfahrung:
°SchlachthofFLEISCHINDUSTRIE BEUTET OSTEUROPÄISCHE ARBEITER SYSTEMATISCH AUSNach Recherchen der ZEIT werden 80 Prozent der Schlacht- und Zerlegearbeiten von Werkvertragsarbeitern erledigt. Ein Gewerkschafter spricht von moderner Sklaverei.°°BARBARA DRIBBUSCH ÜBER DEN NUTZEN DER MIGRATIONDie Rechnung erweitern°Das Fazit klingt gut: Jeder Ausländer zahlt pro Jahr durchschnittlich 3.300 Euro mehr an Steuern und Sozialabgaben, als er oder sie an staatlichen Leistungen erhält. Deutsche haben imSchnitt einen Saldo von 4.000 Euro im Jahr, was am höheren Erwerbseinkommen und der geringeren Arbeitslosigkeit liegt. Je besser die Qualifikation der Zuwanderer, desto höher der Saldo, den sie dem deutschen Staat erbringen, so eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.Rechnungen wie diese sind zwar nützlich, um den gröbsten Vorurteilen gegen Migranten zu begegnen. Aber sie bergen die Gefahr, dass sich der Blick auf die Steuern und Sozialabgaben von Ausländern verengt. Migranten mit ihren niedrigen Löhnen oder gar der Schwarzarbeit sorgen aber darüberhinaus für niedrige Preise, etwa im indischen Restaurant – und bezahlbare Altenpflege in Privathaushalten. (…)
Hinzu kommt noch ein weiterer Faktor, der selbst den Nutzen gutqualifizierter Einwanderer/innen für die Sozialsysteme etwa die exemplarisch angeführte Rentenversicherung stark relativiert: Immer mehr Erwerbstätige haben nur geringe oder überhaupt keine Ansprüche an die Altersversicherung. Die "Stabilisierungsbeiträge" der Zuwanderer nützen deshalb vor allem den beruflich gut etablierten Gruppen auf dem Arbeitsmarkt:
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 31.12.2014°ALTERSVORSORGEGEFÄHRLICHER FATALISMUSVon Thomas Öchsner°(….) Das Rentensystem beruht auf drei Säulen: der privaten, der betrieblichen und der gesetzlichen Vorsorge. Dieser Mix ist im Prinzip eine gute Idee, weil es immer besser ist, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Nur gibt es bei jeder Säule offene Baustellen. Bei der gesetzlichen Rente wird das Niveau stetig sinken, sodass ein Durchschnittsverdiener im Jahr 2030 nicht einmal mit der Hälfte seines Gehalts als Altersgeld rechnen kann. Viele Niedrigverdiener, Arbeitslose oder Minijobber zahlen gar keine, zu wenig und so unregelmäßig Beiträge, dass ihre Ansprüche allenfalls für ein paar hundert Euro Rente reichen werden. Besonders in Ostdeutschland wird schon bald die Altersarmut rasant wachsen, weil nun schrittweise diejenigen in den Ruhestand gehen, die seit der deutschen Einheit immer oder immer wieder ohne Job waren.(…) Schnell wird sich an der Misere jedoch nichts ändern. Das liegt auch an der jüngeren Generation. Die Engagierteren kämpfen für die Freiheit im Internet oder gegen das Handelsabkommen TTIP. Aber die Rente ist für sie so weit weg wie ein Flug zum Mars. Verstärkt wird dies durch das Gefühl, im Alter sowieso fast nichts mehr zu bekommen. Diesen Fatalismus könnten die Jüngeren noch bereuen.