Regierung kämpft um Frauenquote:
Eliten-Projekt fernab der Lebenswirklichkeit
/ Bundestagsanhörung und Aktionskongreß klären die gesellschaftlichen Prioritäten
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HBF-AKTUELL Tübingen 17. März 2014, erstellt 16:00 Uhr, Stand 20:36 Uhr
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Die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für die Top-Positionen der Wirtschaft beschäftigt den Bundestag (HPL) und die Bundesregierung (HPL). Laut der Bundesfamilienministerin soll das großkoalitionäre Vorhaben (HPL) den Frauen zu mehr Gleichstellung verhelfen und das gesellschaftliche Klima insgesamt verbessern (HPL). Nicht nur angesichts der geringen Zahl der potentiell begünstigten Frauen bestehen daran Zweifel (HPL). Eine aktuelle Anhörung im Bundestag (HPL) macht in geradezu dramatischer Weise klar, wo diese Ziele tatsächlich wirkungsvoll und flächendeckend angestrebt werden sollten. Zudem verdeutlicht eine Aktionskonferenz vom Wochenende, wie tiefreichend die politische und gesellschaftliche Neuorientierung dafür ausfallen müßte (HPL).
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HBF-Volltext-Version
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Die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für die Top-Positionen der Wirtschaft beschäftigt den Bundestag…
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Heute im Bundestag (hib) Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag – 14.03.2014
Grüne: Frauenquote in der Privatwirtschaft
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Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat ihre Forderung nach Frauenquoten in der Privatwirtschaft erneuert. In einem Antrag (18/773) fordert sie gesetzliche Regelungen zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen auf allen betrieblichen Ebenen, auf denen sie unterrepräsentiert sind. (…:)
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Bundestag, 21. Sitzung, 18. Wahlperiode, 14. März 2014
TOP 12 Chancengleichheit für Frauen und Männer im Beruf
Protokoll der Debatte als PDF-Datei
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….und die Bundesregierung:
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SPIEGEL Online 16. März 2014, 16:08 Uhr
Druck von Gewerkschaften
GABRIEL PFEIFT SCHWESIG BEI FRAUENQUOTE ZURÜCK
Noch im März wollte Familienministerin Eckpunkte für eine Frauenquote in Aufsichtsräten vorstellen. Nach einer Intervention von SPD-Parteichef Gabriel soll es irgendwann in diesem Jahr konkret werden. Wirtschaft und Gewerkschaften sehen den Plan kritisch. (…)
Der Druck aus der Wirtschaft und auch von den Gewerkschaften ist weiterhin groß. So warnt beispielsweise der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis: “Eine feste Quote ist immer dann problematisch, wenn der Frauenanteil in der jeweiligen Belegschaft deutlich niedriger ist.” Die Vorgaben aus der Politik müssten so gestaltet sein, dass sie mit dem Prinzip einer demokratischen Wahl der betrieblichen Mitglieder im Aufsichtsrat vereinbar seien, sagte Vassiliadis weiter. (…)
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Laut der Bundesfamilienministerin soll das großkoalitionäre Vorhaben (vgl. schwarz-roter Koalitionsvertrag S. 102) den Frauen zu mehr Gleichstellung verhelfen und das gesellschaftliche Klima insgesamt verbessern:
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Wir werden erstens eine verbindliche Quote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen einführen. Zweitens werden wir Unternehmen, die mitbestimmungspflichtig und börsennotiert sind, dazu verpflichten, selbst Vorgaben für ihre Aufsichtsräte, Vorstände und obersten Etagen zu machen. Drittens wollen wir natürlich im öffentlichen Bereich mit gutem Beispiel vorangehen; denn wir können nicht der Wirtschaft Dinge vorschreiben, die wir selber nicht einhalten. Da gibt es noch eine Menge zu tun.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich bin sicher, dass diese Quote zu mehr Gerechtigkeit und mehr Gleichstellung von Frauen und Männern führt, was der Gesellschaft guttut. Die Quote wird nicht den Untergang des Abendlandes bringen. Im Gegenteil: Sie wird unser Land aufblühen lassen. Es muss nur der erste Dominostein fallen.
(aus: Manuela , Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der BT-Debatte “Chancengleichheit für Frauen und Männer im Beruf” 14.03.14)
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Nicht nur angesichts der geringen Zahl der potentiell begünstigten Frauen bestehen daran Zweifel:
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Berliner Zeitung Karriere – 07.03.2014
Aufstiegsfalle Kind
SCHON SECHS MONATE ELTERNZEIT KÖNNEN KRITISCH SEIN
Lassen sich Kinder und Karriere gut vereinbaren? Karriereexperten zufolge lautet die Antwort: Nein. Trotzdem nehmen viele Frauen eine längere Auszeit nach der Geburt. Was können Mütter tun, um den beruflichen Anschluss während der Elternzeit nicht zu verlieren?
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DIW Pressemitteilung vom 15.01.2014
MANAGERINNEN-BAROMETER 2014:
Frauenanteile in Spitzenpositionen großer Unternehmen steigen nur moderat
(…) Die Frauenquote in Höhe von 30 Prozent bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten, die die Bundesregierung 2016 einführen will, sehen Elke Holst und Anja Kirsch als ersten wichtigen Schritt, ohne jedoch besonders große und schnelle Fortschritte zu erwarten. „Für ein grundsätzlich ausgewogeneres Verhältnis von Frauen und Männern in Spitzengremien sind deutlich größere Anstrengungen notwendig“, so die Autorinnen. Sie plädieren unter anderem für eine frauenfreundlichere Unternehmenskultur, mehr Transparenz innerhalb der Unternehmen bei Einstellungen und Beförderungen sowie ambitionierte Selbstverpflichtungen hinsichtlich der Frauenanteile und ihrer zeitnahen Umsetzung. (…)
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Eine Anhörung zur Enwicklung und Eindämmung der befristeten Arbeitsverhältnisse, die heute im Bundestag stattgefunden hat, macht in geradezu dramatischer Weise klar, wo diese Ziele tatsächlich wirkungsvoll und flächendeckend angestrebt werden sollten. Obwohl die Erwerbstätigenzahlen seit Jahren steigen und ein Rekordniveau erreicht haben (vgl. Statistisches Bundesamt 18.02.14), liegt der Anteil der befristeten Neueinstellungen nicht nur bei 42% (2013 zum Vergleich: 2001: 32%)….
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aus: Stellungnahme des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Nürnberg) zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 17. März 2014 zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
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Dabei ist gerade in den von Frauen dominierten Branchen (z.B. Erziehung+Unterricht, Gesundheit+Sozialwesen, öffentliche Verwaltung – siehe dazu auch Anmerkung 1) der Anteil der befristeten Neueinstellungen überdurchschnittlich hoch:
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aus: Stellungnahme des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Nürnberg) zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 17. März 2014 zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
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Zudem verdeutlicht eine Aktionskonferenz vom Wochenende, wie tiefreichend die politische und gesellschaftliche Neuorientierung dafür ausfallen müßte.
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taz 17.03.2014
Für die Freizeit
GUTES LEBEN 300 Menschen tanzen in einem Demozug für die “CARE-REVOLUTION“. Sie fordern mehr Anerkennung für Sorgearbeit
Von Gesa Steeger
(…) Rund 300 Menschen haben sich an diesem Samstagnachmittag in Friedrichshain versammelt, um für eine “Care-Revolution” zu demonstrieren: für mehr gesellschaftliche und politische Aufmerksamkeit sowie Anerkennung von bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit, für ein bedingungsloses Grundeinkommen, für mehr Ausbau von Dienstleistungen in Bildung, Gesundheit und Pflege und den Kampf gegen die politische Normierung von Beziehungen und Lebensweisen.
Barbara Fried ist mit Familie gekommen. Die 44-Jährige ist Redakteurin bei der Zeitung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, eine der OrganisatorInnen der Kundgebung und Koordinatorin der Aktionskonferenz Care-Revolution, die an diesem Wochenende in den Räumen der Stiftung stattfindet. (…)
“Es geht uns um die Krise der sozialen Reproduktion”, sagt Fried. Der Alltag vieler Menschen sei bestimmt von Stress, überlangen Arbeitstagen und der Angst vor einer ungewissen Zukunft. Ein gutes Leben mit mehr Freizeit und ohne Unsicherheiten stehe vielfach im Widerspruch zur Profitlogik des kapitalistischen Systems, meint sie. “Sorgearbeit, also Pflegen oder Erziehen, ist eine der Grundlagen unserer Gesellschaft, wird aber weder anerkannt noch ausreichend unterstützt.”
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Aktionskonferenz Care Revolution
Her mit dem guten Leben – für alle weltweit!
Freitag, 14. März 2014, 14 Uhr bis Sonntag 16. März 2014, 15 Uhr in Berlin
Ort: Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
Übersicht Thematische Einstiege
Freitag, den 14. März, 14:00-16:00 Uhr
Einstieg 1: Kämpfe um Zeit … für das ganze Leben! – Kerstin Engel und Jutta Meyer-Siebert, 4in1‐Initiative Hannover
Einstieg 2: Care-Arbeit in der Krise – Care Revolution als Perspektive – Gabriele Winker, Feministisches Institut Hamburg
Einstieg 3: Care auf die Straße tragen! Oder: Wie kann aus unsichtbarer Arbeit sichtbaren Protest wird? – Aktivist_innen aus Queer-Feministischen Zusammenhängen der Interventionistischen Linken
Einstieg 4: Ökonomisierung des Sozialen – Michael May und Barbara Rose, Redaktion der Zeitschrift Widersprüche
Einstieg 5: Care-Kämpfe – international – Barbara Fried, Rosa-Luxemburg-Stiftung; Sarah Schilliger, Denknetz Schweiz; Bozena Domanska, Respekt-Basel und VPOD; Sarah Speck, Naturfreundejugend; Anna Stiede, AK Reproduktion
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siehe dazu auch:
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Bayern 2 Stand: 04.10.2013
CARE-ARBEIT IM KAPITALISMUS
Sie nennen es Liebe. Wir nennen es unbezahlte Arbeit.
Ein Beitrag von: Julia Fritzsche, Sebastian Dörfler
Wer kümmert sich um die Daseinsvorsorge der Menschen? Die Antwort: Nach wie vor Frauen. Sie kochen, putzen, ziehen Kinder groß, pflegen Familienangehörige.
(HBF-HInweis: Gesamtlänge des Radio-Features: 45 Minuten)
DER FREITAG / Ausgabe 50/13 vom 12.12.2013
Sie nennen es nicht Arbeit
Grundsatzfrage Mit der CARE-REVOLUTION soll die Sorge um andere Menschen aufgewertet werden – in allen Bereichen
Sebastian Dörfler
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Zum Thema siehe auch:
- HBF-Lese-Tip: Frauen führen erfogreicher!(?) – Schwedische Wirtschaftsstudie muß Gegenteil einräumen (ab 18:30 Uhr)
- Die Frauenquote ist falsch – eine Elternquote ist richtig. Kostas Petropulos. Gastkommentar. Tagesspiegel 22.02.11
- HBF-Themen-Archiv “Frauenförderung/quote” / HBF-Themen-Archiv “Vereinbarkeit von Familie und Beruf”
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