Nach den TERRORANSCHLÄGEn in Paris:
„DER ISLAM BEDROHT den Westen!“
– Das große MISSVERSTÄNDNIS
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HBF-Aktuell, Tübingen 12.01.2015, erstellt 22:00 Uhr, Stand 22:49 Uhr
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Die fatalen Terroranschläge islamistischer Attentäter in Paris haben (West-)Europa tief erschüttert. Die Frage nach der Mitverantwortung des Islams wird daher in der Öffentlichkeit heftig diskutiert (HPL). Fachleute bestreiten, daß der Islam generell gewaltanfällig sei und verweisen dabei auch auf die übergroße Mehrheit der Muslime, die ein friedliches Zusammenleben wünschten (HPL). Tatsächlich beruht diese Gewaltdebatte auf einem grundsätzlichen Denkfehler (HPL), der die Suche nach einer angemessenen Antwort auf die mörderische Herausforderung blockiert.
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HBF-VOLLTEXT
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Die fatalen Terroranschläge islamistischer Attentäter in Paris haben (West-)Europa tief erschüttert. Die Frage nach der Mitverantwortung des Islams wird daher in der Öffentlichkeit heftig diskutiert:
°"Terror in Frankreich – Gerät der Islam unter Generalverdacht?"°Der Anschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo war ein Schock – nicht nur für Frankreich, sondern auch für Deutschland. Mit dem Ruf "Allahu Akbar", auf deutsch "Gott ist groß", stürmten die Täter die Redaktion und ermordeten 12 Menschen. Anschließend nahmen sie auf ihrer Flucht noch Geiseln. Eine aktuelle Studie zeigt, dass bereits vor der Tat mehr als die Hälfte der nicht-muslimischen Deutschen den Islam als Bedrohung empfanden.Vergiftet der Anschlag nun das Verhältnis zum Islam noch weiter? Profitiert die "Pegida"- Bewegung davon? Und steigt nun auch die Sorge vor islamistischem Terror in Deutschland?ZU GAST– Loay Mudhoon (Islamwissenschaftler und Mitarbeiter der Deutschen Welle )– Ines Pohl (taz.die tageszeitung)– Ulrich Reitz (Focus)– Christoph Schwennicke (Cicero)Darüber diskutiert WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn am Sonntag im ARD-Presseclub mit seinen Gästen.°West ART Talk 11.01.15, 11:00-12:25 Uhr°Kulturmatinee live aus dem WDR-Studio mit Matthias KreminIslamistischer Terror in Paris – Ein Angriff auf unsere Freiheit?°Der Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" hat die Welt erschüttert. Während in Frankreich die Ermittlungen auf Hochtouren laufen, bekunden die Menschen auch in Deutschland ihre Trauer und Solidarität. Das Attentat ist, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte, nicht nur ein Angriff auf die innere Sicherheit Frankreichs, sondern auch auf die Meinungs- und Pressefreiheit. (…)
Fachleute bestreiten, daß der Islam generell gewaltanfällig sei und verweisen dabei auch auf die übergroße Mehrheit der Muslime, die ein friedliches Zusammenleben wünschten:
°Auseinandersetzung mit Pegida"Wir brauchen mehr Streit"Michael Reder findet Pegida schwierig, aber die Auswirkungen der Bewegung gut. Der Professor hat den einzigen Lehrstuhl für Völkerverständigung in Deutschland inne. Im Interview mit der SZ erklärt er, warum es wichtig ist, dass nicht nur im Stillen gedacht wird und dass etwas anderes entscheidender ist als Gegendemos.Von Bernd Kastner°Michael Reder hat den einzigen Lehrstuhl für Völkerverständigung in Deutschland inne, er lehrt an der Hochschule für Philosophie in München. Seinen jüngsten Jahresbericht hat er überschrieben mit: "Dialog als Muttersprache der Menschheit".SZ: Herr Reder, sind Sie froh, dass die Pegida-Anhänger auf die Straße gehen?Michael Reder: Wir brauchen mehr Streit in Demokratien. Ich bin nicht froh über die Positionen, die Pegida vertritt. Aber sie sind ein Zeichen dafür, dass wir uns auseinandersetzen. Es braucht Streit und Abgrenzung von genau diesen problematischen Positionen, damit Demokratie vital ist.Die Pegida-Demonstrationen sind also ein Zeichen der Vitalität?Ja, weil sich da eine Gruppierung äußert, die meint, sich unwohl zu fühlen, die sich sehr undifferenziert, teils antiplural und antidemokratisch äußert. Ich finde es wichtig, dass dies nicht nur im Stillen gedacht wird. Denn dann wird es problematisch, dann eskaliert die Situation irgendwann. Was wir brauchen, ist eine klare Auseinandersetzung, etwa über den Islam und die Positionen von Pegida. Wenn die sagen, dass der Islam generell gewaltanfällig ist, kann man das sehr deutlich widerlegen. Der Islam ist sehr differenziert, und der Großteil der Muslime will ein friedliches Zusammenleben. In der Auseinandersetzung mit Pegida kann man genau so für ein Verständnis des Islam werben. (…)°°Rechtfertigt der Koran Terror?"GEWALT-VERSE WERDEN MISSBRAUCHT"ANGELIKA NEUWIRTH im Gespräch mit Michael Köhler"Der Koran ist die Mitschrift einer Verkündigung, die durch verschiedenste Situationen gegangen ist." (imago/Xinhua)Ja, der Koran enthalte Passagen, die zu Gewalt "gegen Ungläubige" aufrufen, sagte die Islamwissenschaftlerin Angelika Neuwirth im Deutschlandfunk. Doch die gebe es auch in der Bibel. Und die Gewalt-Verse erfreuten sich im Islam "eigentlich keiner besonderen Beliebtheit, außer bei diesen törichten Extremisten". (…)°
Tatsächlich beruht diese Gewaltdebatte auf einem grundsätzlichen Denkfehler, der die Suche nach einer angemessenen Antwort auf die mörderische Herausforderung blockiert: Nicht die Ideen radikaler Imame oder anderer Prediger von Gewalt oder Unversöhnlichkeit sind der Kern des Problems, sondern der gesellschaftliche Nährboden, der sie erst gedeihen läßt!
In der aufgewühlten Debatte gibt es durchaus nachdenkliche Stimmen, die genau dieser Frage nachgehen:
°Terror in ParisBitte kein neues 9/11Die Attentäter von Paris wurden in Frankreich radikalisiert. Eine Mischung von Perspektivlosigkeit, fehlender Anerkennung, Armut und religiösem Fanatismus ließ sie zu Terroristen werden. Wie wird Frankreich reagieren? Ein Kommentar.von Mohamed Amjahid°Frankfurter Rundschau, Montag den 12.01.2015 Feuilleton 20 – 21°„DIE JUGEND WÄCHST IN EINER KULTUR DER GEWALT AUF“Ein Gespräch mit dem französischen Islamexperten Olivier Roy über den religiösen und sozialen Hintergrund der Attentäter von Paris°Herr Roy, die Attentäter sollen perfekt Französisch gesprochen haben. Was können Sie über das kulturelle Umfeld dieser Menschen sagen?Sie sind Franzosen. Sie wurden in Frankreich geboren und im französischen Schulsystem ausgebildet. Sie gehören zur zweiten Generation der Immigranten, sind aber nichtsdestoweniger Franzosen. Für die meisten von diesen Menschen mit arabischem Ursprung gilt, dass sie besser Französisch als Arabisch sprechen. Die Einwanderer sind in ihrem Selbstverständnis ohnedies längst Franzosen. (….)°HBF-Hinweis: Das Interview ist auch Online bei der Berliner Zeitung mit einer anderen Überschrift nachzulesen