„SOCIAL FREEZING“ als Fanal für die ALTENREPUBLIK:
Die neue FREIHEIT(SILLUSION) der Frauen (und Männer)
Mehr Technik statt gesellschaftlicher Umbau
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HBF-Aktuell, Tübingen 24. Oktober 2014, erstellt 16:07 Uhr, Stand 20:00 Uhr
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Erst Karriere dann Kinder dank tiefgekühlter Eizellen! – Das neueste Angebot der US-Konzerne Apple und Facebook an ihre weiblichen Beschäftigten (vgl. HBF 17.10.14) sorgt in der deutschen Öffentlichkeit weiter für Debatten (HPL). Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) macht sich inzwischen dafür stark, diese Technik zur "programmierten" Geburt im späteren Lebensalter von den Krankenkassen bezuschussen zu lassen (HPL). Auch bei den potentiellen Nutzerinnen(ern) scheint die Akzeptanz für dieses Mittel der Karriere- und Familienplanung ganz erheblich zu sein (HPL). Optimistinnen erwarten sich von der neuen Reproduktionstechnik eine ähnlich befreiende Wirkung für Frauen wie bei der Einführung der Verhütungspille in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts (HPL). Tatsächlich ist diese Offenheit für die vermeintlich neue Freiheit (HPL) wohl eher ein (erhoffter) Fluchtweg aus den täglich von neuem dokumentierten Zwängen (HPL) für die aus Expertensicht (HPL) absehbaren Verlierer/innen in der Altenrepublik Deutschland.
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HBF-VOLLTEXT
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Erst Karriere dann Kinder dank tiefgekühlter Eizellen! – Das neueste Angebot der US-Konzerne Apple und Facebook an ihre weiblichen Beschäftigten (vgl. HBF 17.10.14) sorgt in der deutschen Öffentlichkeit weiter für Debatten:
DER SPIEGEL 20.10.14, Nr. 43 / 2014 , S. 14
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Leitartikel
WENN DIE UHR TICKT
Dient das Einfrieren von Eizellen weiblicher Selbstbestimmung oder den Interessen der Firmen?
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Für Frauen ist es ein starkes Versprechen: Social Freezing schafft die Grenzen ab, die der weibliche Körper setzt. (…)
Frauen, Familie, Beruf – diese Diskussion wurde einmal vom Standpunkt der Frauen aus geführt. Es ging um gleiche Rechte und gleiche Chancen. Aber seitdem Fachkräftemangel herrscht und Frauen auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden, lautet die Frage immer weniger: Was wollen Frauen? Und immer mehr: Was braucht die Wirtschaft? (….)
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Social Freezing
Über das Verschwinden der Großeltern
 Sich die Eizellen einfrieren zu lassen, ist das gute Recht jeder Frau. 40-jährige Erstgebärende sind keine Seltenheit mehr. Wenn sich diese Tendenz durchsetzt, könnte sogar das in der Evolution gewachsene Generationen-Gefüge ins Wanken kommen.
Von Torsten Harmsen
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(….) Wichtig scheint auch, dass die Großeltern-Rolle eines der wenigen positiv besetzten Altersbilder ist. Das ergab die Studie des Züricher Soziologen Francois Höpflinger. In der Familie entscheidet sich, welche Haltung die Kinder gegenüber dem Alter haben. Können sie alle Phasen des Erwachsenseins mitverfolgen – oder haben sie von Anfang an Großeltern als Pflegefälle und relativ alte Eltern, denen selbst schon vieles schwer fällt? Und die dann vielleicht selbst besonders betreuungsintensiv werden, wenn ihre eigenen Kinder im besten Karriere-Alter sind. Auch daran sollten jene denken, die jetzt ihren Kinderwunsch möglichst weit nach hinten schieben.
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"Eizellen einfrieren auf Firmenkosten – Skandal oder Chance?"
 Apple und Facebook machen es vor. Sie wollen ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren ihrer Eizellen finanzieren. Das sogenannte "social freezing" soll es Frauen ermöglichen, Kinder erst dann zu bekommen, wenn es beruflich passt.
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Ein wichtiger Schritt für Frauen in Richtung Karriereplanung und Selbstbestimmung? Oder ein unmoralisches Angebot der Unternehmen?
Alexander Kähler diskutiert in der phoenix Runde u.a. mit:
– Lencke Wischhusen (Bundesvorsitzende Die Jungen Unternehmer)
 – Silke Mülherr (Die Welt)
 – Teresa Bücker (Onlineplattform EDITION F und Bloggerin)
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Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) macht sich inzwischen dafür stark, diese Technik zur "programmierten" Geburt im späteren Lebensalter von den Krankenkassen bezuschussen zu lassen (HBF-Premium)…

Auch bei den potentiellen Nutzerinnen(ern) scheint die Akzeptanz für dieses Mittel der Karriere- und Familienplanung ganz erheblich zu sein:

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Kinderwunsch
JUNGE DEUTSCHE ZEIGEN SICH OFFEN FÜR SOCIAL FREEZING
Die Deutschen spüren kaum Druck des Arbeitgebers auf die Karriereplanung, zeigt eine ZEIT-Umfrage. Ein Drittel kann sich dennoch vorstellen, Eizellen einlagern zu lassen.
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(….) Es sind vor allem junge Menschen, die offen für Social Freezing sind. Bei den 14- bis 29-Jährigen spricht sich sogar eine Mehrheit von 53 Prozent für diese Möglichkeit aus. Ähnlich positiv stehen die 40- bis 49-Jährigen der Option gegenüber: 51 Prozent sind dafür. Bei den über 60-Jährigen ist es hingegen nur eine Minderheit von 20 Prozent.
Entscheidend für die Überlegung ist auch der berufliche Status. 40 Prozent der Berufstätigen finden die Option grundsätzlich richtig, aber nur 33 Prozent der Nicht-Berufstätigen. Bemerkenswert ist auch, dass Männer der Idee, Eizellen einfrieren zu lassen, eher positiv gegenüberstehen (40 Prozent) als Frauen (34 Prozent). (…)
Deutsche spüren kaum Druck des Arbeitgebers
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Optimistinnen erwarten sich von der neuen Reproduktionstechnik eine ähnlich befreiende Wirkung für Frauen wie bei der Einführung der Verhütungspille in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts:
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Social Freezing
Danke, Apple! Danke, Facebook!
Ist Social Freezing nur ein weiteres Mittel, das Leben der Frau dem Kapitalismus zu unterwerfen? Nein, meint unsere Autorin Claudia Fuchs. Social Freezing ist ein grandioser Fortschritt auf dem Weg zur weiblichen Selbstbestimmung, so wichtig wie einst die Erfindung der Anti-Baby-Pille.
Von Claudia Fuchs
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Die vermeintlich neue Freiheit durch das "Social Freezing" ist dabei genauso trügerisch wie einst bei der Pille:
(…) Neue medizinische Möglichkeiten schaffen eine neue Normalität und auch eine neue Norm. Spätestens seit Einführung der Pille begegnet Frauen mitunter der Vorwurf: Warum hast du nicht verhütet? Seit Abtreibung legal und scheinbar alltäglich ist, kann die Frage auch lauten: Warum hast du das Kind bekommen?
Wenn eines Tages das Konto bei der Eizellenbank so normal ist wie das Girokonto bei der Sparkasse, könnte es heißen: Warum jetzt ein Kind? Das kannst du doch später haben! (….)
(aus: EIN KIND VON APPLE. DIE ZEIT 23. OKTOBER 2014,  Nr. 44, S. 20)
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Tatsächlich dürfte deshalb die Offenheit der jüngeren Deutschen für die neue Reproduktionstechnik wohl eher ein (erhoffter) Fluchtweg aus ihren täglich von neuem dokumentierten Zwängen in unserer Gesellschaft sein:
 
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Immer weniger junge Bürger sorgen fürs Alter vor
Sparkassen-Umfrage: Dramatischer Einbruch bei Rückstellungen der unter 30-Jährigen/ Viele Deutsche können sich Vorsorge nicht leisten
Von Markus Sievers
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(….)  Der starke Aufschwung Deutschlands mit dem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit aber ist längst nicht bei allen angekommen. Fast jeder Dritte tut trotz der massiven Einschnitte bei der gesetzlichen Rente nichts für seine finanzielle Absicherung. Besonders brisant: Jeder Zweite davon gibt an, sich Altersvorsorge nicht leisten zu können. Dieser Wert ist seit 2012 kontinuierlich gestiegen.
(….) Die Sparkassen beklagen zudem ein mangelndes Problembewusstsein in der nachwachsenden Generation, in der viele laut der Studie eine andere Einstellung zum Sparen haben als ihre Eltern und Großeltern. In der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen sei sich zwar jeder bewusst, dass die gesetzliche Rente später nicht ausreichen werde, meinte Fahrenschon. Dennoch interessierten sich viele nicht für das Thema und geben ihr Geld lieber aus, auch wenn sie als Berufsanfänger bereits ein eigenes Einkommen erzielten.
50 Prozent der jungen Leute bilden laut der Studie keine Rücklagen fürs Alter, das sind 24 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Dabei zahle sich ein früher Start aus, betonte Fahrenschon. Besonders in Zeiten niedriger Zinsen sei es wichtig, rechtzeitig Geld beiseite zu legen. (….)
(….)
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Bundesministerium für Bildung und Forschung 23.10.2014

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Weniger befristete Stellen an Hochschulen gefordert
Bundesbildungsministerin Wanka hat die Universitäten aufgefordert, mehr dauerhafte Stellen für Professoren zu schaffen. Der wissenschaftliche Nachwuchs brauche verlässlichere und transparentere Entwicklungsmöglichkeiten, schreibt sie in einem Gastbeitrag für die F.A.Z..
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Der Beitrag im Wortlaut:….
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Befristete Jobs
"Wer unbequem ist, wird nicht weiterbeschäftigt"
Berufsanfänger bekommen oft nur noch Arbeitsverträge auf Zeit – der befristete Job ist in vielen Branchen Standard, besonders im Westen. Die Befristung wirkt auf viele wie eine verlängerte Probezeit.
Von Stefan von Borstel Politikredakteur
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Aus Sicht des renommierten Familiensoziologen Hans Bertram gehört deshalb genau die Generation der 30- bis 40-jährigen zu den absehbaren Verlierer/innen in der Altenrepublik Deutschland.
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ÜBERFORDERTE GENERATION
"Das schaffen sie nicht mehr"
Die Generation der heute 30- bis 40-jährigen zögert das Erwachsen werden immer weiter hinaus. Viele leben immer noch zu Hause bei "Hotel Mama". Auch der Einstieg in das Berufsleben wird vielfach hinausgezögert. Der Soziologe Professor Hans Bertram von der Humboldt-Universität Berlin hat diese Generation deshalb als die "überforderte Generation" bezeichnet.
Von Anja Arp
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Viele unsichere Vorzeichen
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Offenbar muss diese Generation damit leben, dass sie mit vielen unsicheren Vorzeichen starten muss und dass sie nie das erreichen kann, was die skeptische Generation erreicht hat.
"Man kann das ja empirisch sehr schön zeigen, dass selbst wenn sie eine hohe Qualifikation haben. Bis sie sich mal in einen Beruf hinein gefunden haben. Beispielsweise nehmen sie alleine ihr Berufsfeld als Journalist, dann müssen sie einfach davon ausgehen, dass sie ziemlich viel Projektarbeit machen müssen. Ziemlich viele Teilzeitstellen absolviert haben, an verschiedenen Stellen gearbeitet haben, bis sie mal endlich irgendwo einen Fuß in die Tür bekommen haben. Und das können sie auch nur, indem sie möglichst viel geleistet haben. Sodass sie eine sichere Lebensperspektive eigentlich erst mit Mitte 30 entwickeln können. Das war bei der älteren Generation ganz anders. Bei der skeptischen Generation mit 23 haben die meisten geheiratet. Weil sie dann wussten, sie sind dann als Facharbeiter oder Ähnliches beschäftigt, haben ein bestimmtes Einkommen und können daraus ihr Leben gestalten. Das kann die heutige Generation nicht mehr."
weitere Auszüge bei HBF-Premium
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siehe dazu ausführlich:
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Erscheinungstermin November 2014
Bertram, Hans/Deuflhard Carolin/Rösler, Wiebke
Die überforderte Generation
Arbeit und Familie in der Wissensgesellschaft

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Übrigens: Dieses strukturelle Dilemma der Nachwuchsgeneration in unserer hochkomplexen und vergreisenden Industriegesellschaft mit ihrem politisch konstruierten Selbstverstärkungsmechanismus ist auch im Ausland in gleicher Weise zu beobachten (HBF-Premium)…

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Zum Thema siehe auch:
 

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