Lernen von den Nachbarn:

Das Schrumpf-Altern „generationengerecht gestalten“ oder

seine Ursachen angehen?

/ Österreich will dem „Modell Deutschland“ (lieber) nicht folgen

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HBF-AKTUELL Tübingen 04. April 2014, erstellt 14:58 Uhr, Stand 18:32 Uhr

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Der anhaltende Streit um das schwarz-roten Rentenpaket aus “Mütterrente” und “Rente mit 63” ist ein Kampf um die Deutungshoheit bei der Gerechtigkeitsfrage: Die Bevölkerung soll sich zwischen “geschenkt”, “verdient” oder “weiterer Treibstoff für den Generationenkrieg” entscheiden (HPL) – und hat ihr Urteil längst gefällt (vgl. HBF 2014a). Nur noch vereinzelt fragen sich Redaktionen, ob es tatsächlich genügt, die immer heftigeren Verteilungskämpfe einer schrumpf-alternden Gesellschaft lediglich politisch zu “gestalten” oder besser bei deren tiefreichenden Ursachen anzusetzen (HPL und HBF 2014b). Überraschenderweise ist diese Außenseiterposition in unserem Nachbarland Österreich nicht nur offizielle Regierungslinie, sondern sogar Konsens in der öffentlichen Debatte. Das zeigt etwa die Reaktion auf eine aktuelle Demographiestudie (HPL), die zudem höchst aufschlußreiche Erkenntnisse zur Lage in Deutschland liefert (HPL) – Erkenntnisse, die hierzulande kaum noch statistisch erhoben werden.

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HBF-VOLLTEXT-Version

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Der anhaltende Streit um das schwarz-roten Rentenpaket aus “Mütterrente” und “Rente mit 63” ist ein Kampf um die Deutungshoheit bei der Gerechtigkeitsfrage: Die Bevölkerung soll sich zwischen “geschenkt”, “verdient” oder “weiterer Treibstoff für den Generationenkrieg” entscheiden (HBF-Premium)…

Die Bevölkerung hat indes ihr Urteil über das schwarz-rote Rentenpaket längst gefällt und sich für einen (unfröhlichen) Fatalismus entschieden (vgl. HBF 29.01.14). Nur noch vereinzelt fragen sich Redaktionen, ob es tatsächlich genügt, die immer heftigeren Verteilungskämpfe einer schrumpf-alternden Gesellschaft lediglich politisch zu “gestalten” oder besser bei deren tiefreichenden Ursachen anzusetzen…  (HBF-Premium)…

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siehe dazu auch:

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Überraschenderweise ist diese journalistische Außenseiterposition, die nach den Ursachen des Kinderschwunds fragt, in unserem Nachbarland Österreich nicht nur offizielle Regierungslinie, sondern sogar Konsens in der öffentlichen Debatte. Das zeigt etwa die Reaktion auf die neue Demographiestudie “Familienentwicklung in Österreich 2009 – 2013”. Deren Hauptergebnisse:

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Pressematerial zum Hintergrundgespräch der österreichischen Bundesfamilienministerin Dr. Sophie Karmasin am 1. April 2014

„Kinderwunsch und Wirklichkeit in Österreich“

Wie viele Kinder wünschen sich die Österreicherinnen und Österreicher? Wer setzt diese Kinderwünsche um?  Der österreichische „Generations and Gender Survey“ (GGS 2009 und 2013)  erlaubt Antworten darauf:

Die ideale Zahl von Kindern ist von der Zwei-Kind-Norm geprägt. Diese Einschätzungen änderten sich zwischen 2009 und 2013 kaum. Zwischen idealer und tatsächlicher Kinderzahl besteht eine Diskrepanz, die in der letzten relevanten Altersgruppe (40-44) noch bei ca. 0,6 Kindern liegt.

Vier von zehn setzten ihre Kinderwunschpläne wie geplant um. Vier von zehn wollten weiterhin ein Kind, verschoben also ihre Pläne, knapp zwei von zehn wollten keine Kinder mehr. Der nicht erfüllte Kinderwunsch wurde somit zumeist aufgeschoben und nicht aufgehoben. Im internationalen Vergleich verwirklichen Österreicherinnen und Österreicher ihren Drei-Jahres-Kinderwunsch selten (Österreich 43%, Schweiz 55%, Niederlanden sogar 75%). Markant sind die  Unterschiede nach dem Alter: Bis Mitte 30 realisierte die Hälfte der Frauen ihren Kinderwunsch, der Kinderwunsch der Frauen im Alter 35 + bleibt zumeist unerfüllt.  

Der Wunsch nach einem weiteren Kind sowie dessen Verwirklichung hängt deutlich mit der Zufriedenheit der Mütter mit der partnerschaftlichen Aufteilung der Kinderbetreuung zusammen: Zufriedene Mütter wünschten sich 2009 öfter ein zweites Kind und verwirklichten auch öfter ihren Kinderwunsch. Während die sehr Zufriedenen ihren zuvor genannten Kinderwunsch zu zwei  Drittel umsetzten, war es bei den weniger Zufriedenen nur ein Drittel.

Die Entwicklung des Kinderwunschs der derzeit noch Kinderlosen lässt darauf schließen, dass Kinderlosigkeit nicht weiter wachsen wird. Im Gegensatz dazu haben unerwartet viele Eltern von einem Kind ihren Wunsch nach einem Zweiten aufgegeben.

Es sind deutliche Reduktionen der Familieneinkommen nach Geburt eines Kindes erkennbar, die über die Familientransferleistungen nur teilweise abgefangen werden. Dies ist in erster Linie auf die Erwerbsverläufe der Frauen rückführbar, die lange berufliche Auszeiten gefolgt von zunehmenden Teilzeitphasen ausweisen.    

Auffallend sind die im internationalen Vergleich pessimistischeren Erwartungen der Österreicher und Österreicherinnen in Bezug auf die Lebenszufriedenheit, gesellschaftliche Anerkennung, berufliche Chancen und die finanzielle Situation des Haushalts nach der Geburt von Kindern.

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HBF-Hinweis: Das gesamte Hintergrundmaterial zur österreichischen Familienstudie  finden sie bei “Generations and Gender Programme – Aktuelle Erhebung”

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Im Unterschied zur deutschen Bundesregierung läßt die österreichische Regierung die Entwicklung der Kinderwünsche und deren Umsetzung nicht nur kontinuierlich untersuchen, sondern sieht die Diskrepanz zwischen idealem und tatsächlich umgesetzten Kinderwunsch als zentrale politische Herausforderung an:

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ÖSTERREICH, oe24.at 02. April 2014 22:51

Familienministerin warnt

Alarm: Wir haben zu wenig Kinder

Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) warnt davor, dass „uns die Zukunft abhandenkommt“, und will gegensteuern. (….)

ÖSTERREICH: Braucht Österreich mehr Kinder?

Sophie Karmasin: Ja! Eltern wünschen sich mehr Kinder, als sie tatsächlich bekommen. Wenn wir nicht mehr Kinder bekommen, kommt uns die Zukunft abhanden. (…)

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Der Standard  (APA, 2.4.2014)

Studie: Wieso die Österreicherinnen so wenige Kinder bekommen

“Es steht außer Zweifel, dass Österreich familienfreundlicher werden muss und Anstrengungen unternommen werden müssen”, sagt Familienministerin Sophie Karmasin.

Familienministerin Karmasin will das gesellschaftliche Klima verbessern

(…) Notwendig sei auch die Bewusstseinsbildung, damit der Kinderwunsch nicht zu sehr auf später verschoben wird. Auch während der Studienzeit “über Kinder nachzudenken ist nicht schädlich”, meinte Karmasin. (….)

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Auch in den österreichischen Medien gab es eine breites Echo auf die Ergebnisse der neuen Kinderwunschstudie …. (HBF-Premium)…

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Die österreichische Kinderwunschstudie ist noch unter einem anderen Aspekt sehr nützlich für Deutschland: Sie liefert nicht nur Daten zu Österreich, sondern ebenfalls höchst aufschlußreiche Erkenntnisse zur Lage in Deutschland – Erkenntnisse, die hierzulande kaum noch statistisch erhoben werden:

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und HBF-Premium

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Zum Thema siehe auch:

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