LOB DES NIEDRIGZINSES:
Was am Ende zählt!
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HBF-Aktuell, Tübingen 05.12.2014, erstellt 20:53 Uhr, Stand 06.12.14, 09:26 Uhr
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Die Niedrigzinspolitik der EZB zur Eindämmung der weiterhin schwelenden Banken-Staatschuldenkrise in den Eurostaaten (HPL) hat jahrzehntelange volkswirtschaftliche Gewißheiten bei Experten, Geldmanagern und in der Bevölkerung zertrümmert (HPL). Die flächendeckende Ratlosigkeit läßt die Märkte derzeit zwar noch jubeln (HPL), vertieft aber letztlich nur die Zukunftssorgen (HPL) – selbst bei der Bundesregierung, die sich bislang über diesen Rückenwind für ihre Haushaltskonsolidierung freuen kann (HPL).
Was am Ende dafür wirklich zählt, hat ein renommierter Volkswirtschaftler schon vor Jahrzehnten als zeitlos gültige Einsicht auf den Punkt gebracht (HPL). (Nicht nur) Die Politik steht vor der Aufgabe, dies wiederzuentdecken. Einzelne Wirtschaftsexperten haben das bereits getan (HPL).
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HBF-VOLLTEXT
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Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht mit einer Niedrigzinspolitik die weiterhin schwelende Banken-Staatschuldenkrise in den Eurostaaten einzudämmen:

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EZB senkt Leitzins
Draghi schmeißt die Gelddrucker an
ÜBERRASCHEND senkt die EZB erneut den Leitzins. Gleichzeitig kündigt die Zentralbank den Kauf von Kreditverbriefungen an. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Entscheidung.
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Die Banken sind immer noch gefährlich
Die Deutsche Bank habe weniger Eigenkapital als Lehman vor dem Konkurs, warnt Starökonom Martin Hellwig. Ein Gespräch nach dem Stresstest
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Globale Finanzmärkte –
Die Welt versinkt in Schulden
Nichts gelernt aus der Finanzkrise: Immer höher steigen die Schulden der globalen Wirtschaft. Der nächste große Crash ist nur noch eine Frage der Zeit.
Von Henrik Müller
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Wer keine Fehler macht, wagt zu wenig. Wer den gleichen Fehler immer wieder macht, dem ist nicht zu helfen. Die Finanzkrise von 2007/08 lässt sich vielleicht noch als Ausrutscher einer überoptimistischen Globalisierungseuphorie verstehen. Dass es seither genauso weitergeht, ist das eigentliche Drama.
Ein paar Zahlen: Die weltweit aufgelaufenen Schulden der Staaten und der Privatwirtschaft betrugen Ende 2007 stolze 107 Billionen Dollar, gut das Doppelte der globalen Wirtschaftsleistung. Seither ist viel von Schuldenabbau, von strenger Finanzmarktregulierung und von Sparen die Rede. Man darf sich davon nicht täuschen lassen. Geschehen ist tatsächlich das Gegenteil: Die Schulden sind weiter gestiegen, in einigen Ländern sogar explodiert, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vorgerechnet hat. Bei unglaublichen mehr als 150 Billionen Dollar lagen sie Ende 2013, rund das Zweieinhalbfache des globalen Sozialprodukts. (…)

 

Mit dieser Strategie hat die EZB jahrzehntelange volkswirtschaftliche Gewißheiten bei Experten, Geldmanagern und in der Bevölkerung zertrümmert: Sparen und sein Geld über die Bank “arbeiten” zu lassen, ist keine Zukunftsvorsorge mehr!
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Sparen
AUSGESPART!
Für Generationen war es eine Gewissheit: Aus Geld wird mehr Geld, wenn man es zur Bank bringt. Doch jetzt gibt es keine Zinsen mehr – und das könnte für immer so bleiben. Was tun?
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 „Die Lage ist viel ernster, als viele glauben“
Nikolaus von Bomhard kritisiert die Geldpolitik. Die Zentralbanken richteten „Kollateralschäden“ an, sagt der Chef der Munich Re. Nur gut, dass der eigene Konzern stabil genug ist, das auszuhalten.
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hpe./pik. FRANKFURT, 2. Dezember. Was Nikolaus von Bomhard von der europäischen Geldpolitik hält, ist für die Verantwortlichen wenig schmeichelhaft. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken bedeute finanzielle Repression und Teilenteignung für Sparer und Gläubiger. Eine neue Finanzkrise wollte der Vorstandsvorsitzende des Rückversicherers Munich Re nicht ausschließen. Es war ein düsteres Bild, das Bomhard im Sommer dieses Jahres zeichnete. Fünf Monate und eine Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) später sieht er die Dinge keinesfalls entspannter. „Die Einschätzung der Risiken, denen wir uns ausgesetzt sehen, ist in meinen Augen zu wohlwollend. Die Lage ist viel ernster, als viele glauben. Die Kollateralschäden dessen, was die Zentralbanken derzeit in Europa unternehmen, sind groß“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Für ihn gibt es angesichts der „atemberaubenden Liquidität“ eine Unwucht im System, die krisenhafte Züge trägt. (…)
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Noch läßt die flächendeckende Ratlosigkeit die Märkte jubeln….
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Börse
DAX KNACKT ERNEUT DIE 10.000-PUNKTE-MARKE
Der Dax ist wieder auf Rekordkurs: Erstmals seit Juni notiert der deutsche Leitindex über 10.000 Punkten. Die Anleger beflügelt die Hoffnung auf noch mehr billiges Geld.
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Teures Wohneigentum
Immobilienpreise in Großstädten steigen rasant
Kredite sind günstig, Anlage-Alternativen rar. Deshalb steigen die Preise für Wohneigentum laut dem Immobilienverband IVD weiterhin rasant an. Mit Abstand am teuersten: München.

 

…..vertieft aber letztlich nur die Zukunftssorgen:
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Gbureks Geld-Geklimper
DIE NÄCHSTE RUNDE DER ENTEIGNUNG
EZB-Chef Mario Draghi lässt seinen Worten Taten folgen. Anleger müssen aufpassen, dass sie nicht zu Opfern von negativen Zinsen und sonstigen Repressalien werden.
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Vor drei Monaten überraschte Mario Draghi die Finanzwelt – sogar einschließlich vieler Mitstreiter in der EZB – mit dem Vorschlag, deren Bilanzsumme drastisch zu erhöhen. Das kam nicht überall gut an, auch nicht in seinem näheren Umfeld. Und als Draghi sich weigerte, seinen Vorschlag näher zu erläutern, war die Verwirrung komplett. (…)
(….)  Das Ganze soll der Euro-Schwächung dienen, die angeblich die europäische Wirtschaft vor der Rezession retten kann. Die einfache, jedoch umstrittene Überlegung dahinter: Ein schwacher Euro nützt dem Export. Wessen Export? Sicher nach wie vor dem deutschen, dessen Struktur und internationale Bedeutung ohnehin herausragend ist. (…)
Die Idee, die eigene Währung zu schwächen, damit die Wirtschaft auf dem Umweg über höhere Exporte in Schwung kommt, ist recht alt. Sie trieb zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts besonders europäische Länder in einen Abwertungswettlauf, zu dessen Ende es nur Verlierer gab. (….)
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Selbst die Bundesregierung ist bei aller Freude über den Rückenwind der EZB-Politik für ihre Haushaltskonsolidierung (Stichwort “Schwarze Null”) alles andere als erleichtert:
Von der Wirtschaft über die Opposition kamen zuletzt Rufe nach mehr öffentlichen und privaten Investitionen in die Infrastruktur. “Das ist ein Thema, wo wir handeln müssen”, sagte Merkel. Investitionen auf Pump lehnte sie ab. Gabriel sagte gegenüber n-tv:
“Wir haben 5 Billionen Euro privates Vermögen in Deutschland und trotzdem wird in die Unternehmen zu wenig investiert und zu wenig in die öffentliche Infrastruktur.”
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(aus: Merkel und Gabriel stellen sich Forderungen: Wirtschaft in Schranken gewiesen. N-TV Dienstag, 04. November 2014, Wirtschaft)

 

Im Klartext: Deutschlands reiche Privatanleger sind kaum bereit, ihr Geld im Inland anzulegen. Für Fachleute im In- und Ausland ist das angesichts der demographischen Talfahrt nur logisch:
F.A.Z., Samstag den 29.11.2014 Die Lounge 22
Bescherung
Gefährdet Deutschland seine Zukunft?
Zu wenig Investitionen und die Alterung bremsen das Wachstum. Es gibt Anlass zu Besorgnis.
Von Johannes Pennekamp und Philip Plickert
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(…)  In den kommenden Jahren wird der demographische Wandel mit voller Wucht die deutsche Volkswirtschaft treffen. Die Zahl der Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wird mit rasantem Tempo sinken. (…) Das hat gewaltige Auswirkungen auf die Wachstumsaussichten.  (…) „Unser Land gleicht einem Ruderboot. Die Zahl der Ruderer schrumpft, die der älteren Passagiere nimmt noch Jahrzehnte zu“, hat Bundesbankchef Jens Weidmann jüngst den Demographen Herwig Birg zitiert. Und er hat an die für Deutschland unerfreulichen Ergebnisse der OECD-Studie „Looking to 2060“ erinnert. Nach dieser Langfristprognose wird Deutschland bis 2030 von 42 Industrieländern am zweitlangsamsten und bis 2060 am langsamsten wachsen. (…)
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Was am Ende dafür letztlich wirklich zählt, hat der Kieler Wirtschaftswissenschaftlers und Soziologen Gerhard Mackenroth bereits im April 1952 als zeitlos gültige Einsicht auf den Punkt gebracht:

“Nun gilt der einfache und klare Satz, daß aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muß. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Fonds, keine Übertragung von Einkomensteilen von Periode zu Periode, kein “Sparen” im privatwirtschaftlichen Sinne – es gibt gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand.”

(aus: Jürgen Borchert: Renten vor dem Absturz. Fischer Taschenbuch. 1993. Seite 51)

 

Im Klatext: Die Größe, Leistungsfähigkeit und Teilungsbereitschaft der jeweiligen Nachwuchsgeneration. (Nicht nur) Die Politik steht vor der Aufgabe, diese Einsicht wiederzuentdecken. Einzelne Wirtschaftsexperten haben das bereits getan (HP-PLUS).
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Zum Thema siehe auch:
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